Von gebundenen Händen und Pommesbuden

Ein Argument, das man von Prostitutionsgegenern und Befürwortern prohibitiver Positionen immer wieder lesen und hören kann, ist folgendes: Der Polizei seien seit dem Prostitutionsgesetz die Hände gebunden. Seither könne man ein Bordell leichter eröffnen, als eine Pommes-Bude, wie jüngst wieder Frau Schwesig (SPD).

Das ist natürlich Unsinn. An den Rechten der Strafverfolgungsbehörden hat sich seit Einführung des Prostitutionsgesetzes nichts geändert. Sie dürfen nach § 104 StPO (Bundesgesetz) nach wie vor zu jeder Tages- und Nachtzeit Razzien in Bordellen durchführen. Razzien in Imbis-Buden sind hingegen verboten. Die werden allenfalls vom Gewerbe- oder Hygieneamt heimgesucht. Ähnliche Rechte zur Identitätsfeststellung von Personen und Durchsuchung von Bordellen gibt es auch in den Polizeigesetzen der meisten Länder. In denen ist seit Einführung des Prostitutionsgesetzes eher eine Ermächtigung der Landespolizeien gegenüber Prostituierten zu beobachten. Das zuletzt entsprechend geänderte Polizeigesetz ist wohl, wenn man den zahlreichen Presseberichten vom Februar 2014 glauben darf, das Saarländische.

Auch an der Legalität der Prostitution selbst hat sich seit dem ProstG nichts geändert. Prostitution ist in Deutschland mehr oder weniger seit einer Änderung des Geschlechtskrankheitengesetzes von 1927 legal. Das Novum des Prostitutionsgesetzes von 2002 ist lediglich, dass Huren ihren Lohn einfordern und sich sozial- und krankenversichern dürfen. Vorher durften sie das nämlich nicht, weil Prostitution nach § 138 BGB ein sittenwidriges Geschäft war. Leider heißt das noch lange nicht, dass Prostitution im bundesdeutschen Recht heutzutage durchgehend als nicht mehr sittenwidrig betrachtet wird. Denn wer mal aufmerksam § 55 Aufenthaltsgesetz, § 297 EGStGB oder § 119 Ordnungswidrigkeitsgesetz gelesen hat, dem wird aufgefallen sein, dass die Einschränkung unserer freien Berufsausübung dort auch heute noch mit Phrasen wie „Störung der öffentlichen Ordnung und des Anstandes“ begründet oder gleich als „Gewerbsunzucht“ bezeichnet wird.

Was sich für die Strafverfolgung seit Einführung des Prostitutionsgesetzes geändert hat, ist das Strafgesetzbuch. Was früher als „Förderung der Prostitution“ strafbar war, ist es heute nicht mehr, da Prostitution wohl soetwas ähnliches wie ein nach § 12 GG geschützter Beruf ist. Menschen, die Prostituierten eine Infrastruktur (Duschen, WCs, Zimmer) und Arbeitsmaterialien (Gummis, Gleitgel, Dildos) zur Verfügung stellen, damit sie ungestört ihrem Beruf nachgehen können, sind also keine Zuhälter. Sie sind Unternehmer und handeln völlig legal, weshalb es keinen Berechtigungsgrund für die Polizei mehr gibt, Ermittlungen gegen sie aufzunehmen. Deswegen jammern BKA, LKAs und Innenminister von gebundenen Händen und Pommes-Buden.

Zur Verdeutlichung der Absurdität dieses Arguments sei erwähnt: Früher war es strefrechtlich verboten, wenn Männer Männer in den Po penetrieren. Die Polizei konnte gegen diese üblen Kriminelln Ermittlungen einleiten. Aber jammert heute noch irgendwer laut darüber, dass der Polizei im Falle von Sodomiten die Hände gebunden seien und man der Sodomie so leicht nachgehen kann, wie dem Pommes-Genuß?


 
 
 

2 Kommentare zu “Von gebundenen Händen und Pommesbuden”

  1. Robo
    16. April 2014 um 22:26

    Kurzer einwurf: Manuela Schwesig ist bei der SPD und nicht der CDU. Davon abgesehen schön argumentiert.

  2. carmen
    17. April 2014 um 08:59

    In der Tat, das war ein Gewohnheitsfehler. ;)

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