Wenn, dann schreibt über meine politische Arbeit…
Ein Blogbeitrag über meine Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit dem SPIEGEL zum Thema Prostitutionspolitik, die mich desillusioniert hätten, wenn ich es nicht schon gewesen wäre. Er soll demonstrieren, wie ernst man beim SPIEGEL als Mensch mit politischen Meinungen jenseits des Mainstreams genommen wird. Der Artikel, auf den ich mich zentral beziehe, trägt den Titel „Dunkle Phantasien“ [SPIEGEL 22/2013, S. 62] und ist von Sven Becker verfaßt. Er ist wenn, dann kein besonders heller Lichtblick in einer Serie von hoch-tendenziösen Artikeln, mit denen sich der aktuelle SPIEGEL unter dem Aufmacher „BORDELL DEUTSCHLAND: Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert“ als Sprachrohr konservativer Sicherheits- und Repressionsspolitik an vorderste Front stellt.
Er interessiere sich für meine politische Arbeit bei der Piratenpartei und wolle sich deswegen mit mir zu einem Gespräch treffen, schrieb mir Spiegelredakteur Sven Becker bei der ersten Kontaktaufnahme via E-Mail am 4. Dezember des letzten Jahres. Später könne man schauen, was für einen Artikel man daraus mache. Ich antwortete ihm Folgendes:
Hallo Sven,
im Teampad https://prostitution.piratenpad.de/portal finden sie alle Informationen zu meiner Arbeit bei der Piratenpartei, um sich vorab ein Bild zu machen. Dort sind die Anträge verlinkt, die ich z.T. mit anderen Mitgliedern und Sexarbeitern erarbeitet habe. Es finden sich auch eine umfangreiche Quellensammlung und ein Podcast. Ich bin gerne bereit, mit ihnen über meine Gedanken zur Prostitutionspolitik, die Sexworker-Rights-Bewegung, Diskriminierung von Sexarbeitern, Emanzipation, strukturelle Besonderheiten der Piratenpartei sowie ähnlich sachbezogene Themen zu sprechen. Ich begreife das als Chance, Argumente anstelle von Vorurteilen in die öffentliche Debatte über Prostitution einzubringen und Einblicke in einen Beruf zu ermöglichen, der den meisten Menschen verborgen bleibt.
Was ich nicht liefern möchte, ist eine Geschichte über mich und mein Privatleben. Ich bin nicht bereit, mich zur Projektionsfläche jedweder Klischees zu machen. Ich werde keine Fragen zu meiner Person beantworten, die Aspekte jenseits meiner prostitutiven/politischen Tätigkeit betreffen. Wenn sie sich darauf einlassen können, bin ich gerne bereit, mich mit ihnen an einem Freitag in PBerg oder Mitte auf einen Kaffee zu treffen.
Liebe Grüße,
Carmen.
Er sei mit meinen Bedingungen einverstanden, antwortete er mir am 5. Dezember 2012. Wir verabredeten uns zu einem Kaffee und redeten zwei Stunden und es war eigentlich ganz nett. Sven Becker machte keinen dummen Eindruck und schien sich tatsächlich für meine Argumente zu interessieren. Dann passierte lange nichts… Und dann wurde es plötzlich ganz dolle schnell, sofort, dringend und WICHTIG!!!
Am 21. Mai diesen Jahres schickte mir Sven meine Zitate zur Genehmigung. Zum Glück ist das im seriösen Journalismus so üblich! «Ick habe mir jedacht, bevor ich in einer Frittenbude jobbe, mach’ ich lieber dit hier», gab mich der junge Mann mit den blonden Strähnen im Berliner Dialekt wieder. Nachdem ich meine Kinnlade vom Boden aufgesammelt hatte, antwortete ich ihm Folgendes:
Lieber Sven,
oh je, das liest sich ja Springer als ich gehofft hatte. Hatte ich nicht mehrfach betont, dass ich mir einen seriösen Artikel über mein Thema wünsche und keinen über meine Person? Ich hatte dir zugetraut, einen solchen zu verfassen und bin enttäuscht. Ich werfe dir nichts vor. Es war ein Experiment und Experimente scheitern. Daraus lernt man.
Ich bin inhaltlich mit meinen Zitaten einverstanden, auch wenn ich sicherlich interessantere Dinge als diese in unserem Gespräch geäußert habe. Aber es behagt mir überhaupt nicht, welches Bild du mit dem Einstiegszitat von mir zeichnest. Berliner Dialekt und „Frittenbude“ – habe ich einen so ordinären und ungebildeten Eindruck auf dich gemacht, dass es dir gerechtfertigt erscheint, mich der Welt in dieser Weise zu präsentieren? Über die Konnotation verschiedener Sprachstile muß ich dich nicht aufklären, das haben wir beide im Grundstudium gelernt.
Wenn du noch ein gutes Haar an mir lassen willst, zitiere mich wenigstens auf Hochdeutsch! Wenn du mich beeindrucken willst, schreibe einen Artikel über Prostitutionspolitik, die rechtliche und politische Situation von Sexarbeitern, meine politische Arbeit – irgendetwas, das mich als Menschen ernst nimmt und mit einem seriösen Anliegen präsentiert. Was ich hier lese, droht eine Posse über eine schnöde Nutte zu werden, die nicht ordentlich sprechen kann. Darauf könnte ich und kann die Sache, für die ich kämpfe, ebensogut verzichten.
Bitte, tu mir das nicht an!
Liebe Grüße,
Carmen.
Nun, was ist daraus geworden – ein Artikel über Prostitutionspolitik oder belangloser Wisch, den man so (nur in weniger Sätzen) auch in der BILD-Zeitung hätte lesen können? Im aktuellen SPIEGEL 22/2013 kann sich jeder selbst ein Bild machen. „BORDELL DEUTSCHLAND: Wie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert“, lautet der Aufmacher der Ausgabe, der eigentlich schon klar macht, von welcher Meinung der Leser am Ende überzeugt werden soll. Über dem Artikel, der angeblich von mir handelt, prangt in großen Lettern das Label: „Dunkle Phantasien“. Wow, das ist kreativ, das hat etwas Verruchtes, Unanständiges, oder? Genau wie Escort, das ist ja auch so ein bisschen unseriös… NOT! Aber halten wir uns nicht damit auf, dass „Dunkle Phantasien“ auch der Titel eines billigen Schwartenromans oder Mainstreampornos sein könnte.
Das Foto: Ich hatte zwei zur Auswahl geschickt und ein anderes präferiert. Aber vermutlich paßte dieses, in den Tönen rot-schwarz Gehaltene besser ins BILD, ähem, zum Titel. Das Original, das man sich in meiner Galerie ansehen kann, ist weniger dunkel. Wenigstens hat die Bildredaktion des SPIEGELs mein Dekolleté ordentlich ausgeleuchtet. So kommen gewiß keine Zweifel über die Eigenschaften auf, die mich als Expertin zum Thema Prostitutionspolitik für das „Sturmgeschütz der Demokratie“ auszeichnen und interessant machen.
«Dunkle Phrantasien. Eine Prostituierten-Gruppe kämpft gegen staatliche Vorschriften – unterstützt von den Piraten.» Ich weiß jetzt nicht genau, von welcher Gruppe von Prostituierten, die „gegen staatliche Vorschriften“ kämpft, Sven Becker genau spricht. Aber die erste Gruppe von Prostituierten, von der ich ihm erzählt habe, war die Internationale Sexworker Rights Bewegung, deren zentrale Forderungen die berufliche Anerkennung und Entkriminalisierung der Sexarbeit sind. Eine detailliertere Ausführung, was damit konkret gemeint sein könnte, kann man z.B. im „Brüsseler Manifest“ [PDF] nachlesen. Die zweite Gruppe, von der ich berichtete, ist das zarte Pflänzchen einer Interessengemeinschaft, die sich derzeit als Sexwork-Deutschland formt. Ich persönlich hoffe, dass daraus irgendwann einmal ein starker Berufsverband wird, der die Interessen von Sexarbeitern gegenüber Staat und Gesellschaft vertritt. So stark, dass wir ernst genommen würden, ist unsere Bewegung aber derzeit noch nicht. Das macht uns auch der Spiegel unmißverständlich klar: «Natürlich gibt es auch jene Frauen, die sich entscheiden […] Aber: Es spricht viel dafür, dass sie eine Minderheit sind, allerdings lautstark vertreten von wenigen […].» [SPIEGEL 22/2013, S. 63] Nun gut!
Und die PIRATEN – wen oder was unterstützen sie? Auf ihrem Bundesparteitag in Neumarkt am 11. Mai 2013 hat die versammelte Piratenbasis mit überwältigender Mehrheit dem Programmantrag „Stärkung der Rechte Prostituierter“ zugestimmt. Ja, den Text habe ich ausgearbeitet – als Sexarbeiterin und Piratin, mit Unterstützung Gleichgesinnter. Es macht mich stolz, dass er alle demokratischen Instanzen der innerparteilichen Willensbildung ordentlich und erfolgreich durchlaufen hat und damit nun Einzug ins Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 erhält. In dem Antrag steht, dass die Piratenpartei Deutschland eine Diskriminierung und Kriminalisierung von Sexarbeitern ablehnt. Sie wolle, so geht es weiter, alle Sonderregelungen zur Reglementierung von Prostitution dahingehend prüfen, ob sie geeignet, erforderlich und angemessen seien, die Anerkennung und die Rechte von Sexarbeitern sicherzustellen. Denn die Stärkung der Rechte selbstbestimmt tätiger Sexarbeiter sei das beste Mittel gegen jedwede Fremdbestimmung. Von der Unterstützung einzelner Prostituierten-Gruppen oder der Abschaffung staatlicher Vorschriften steht dort nichts.
Der Staat schreibt viele sinnvolle Dinge vor, z.B. dass jeder Mensch ein Recht auf freie Berufswahl und ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung hat. Ich finde nicht, dass das abgeschafft gehört. Erlaubt es mir doch, als Frau einen Beruf meiner Wahl zu ergreifen und zu bestimmen, in welcher Weise ich mit wem Sex habe – auch dann, wenn ich dadurch meinen Lebensunterhalt verdiene. Mir geht es mitnichten allein darum, staatliche Vorschriften abzuschaffen. Wollte ich das, würde ich mich in der Anarchistischen Untergrundarmee engagieren und nicht in der bundesdeutschen Parteipolitik. Nein, worum es mir geht, ist mitzureden, mit zu gestalten, Ideen weiterzutragen – damit die Spielregeln unserer Gesellschaft, die durch den demokratischen Gesetzgebungsprozess zu staatlichen Vorschriften werden, Sinnvolle bleiben. Was wir brauchen, ist eine sinnvolle Gesetzgebung zur Prostitution, die fair mit denen umgeht, die diesen Beruf in freier Entscheidung ausüben und die Kollateralschäden, die Sexarbeitern bereits jetzt aus der Verfolgung von Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung entstehen, nicht in Kauf nimmt. Wenn dafür die Abschaffung, Umgestaltung oder Ergänzung konkreter Paragraphen im ProstG, im OwiG, im StGB oder EGStGB notwendig erscheint, dann sehe ich in einer Demokratie keinen Grund dafür, dass es nicht legitim sein sollte, sich dafür einzusetzen – zumal als direkt und unmittelbar von dieser Gesetzgebung betroffene Bürgerin.
Ich hatte darüber ausführlich mit Sven Becker gesprochen, Forderungen begründet, Argumente geliefert. Auch Undine, eine meiner Kolleginnen und Mitinitiatorin von Sexwork-Deutschland, hat der Spiegelredaktion, insb. Cordula Meyer, bereitwillig ihre Mithilfe angeboten und lange Mails geschrieben. Der SPIEGEL hätte die Möglichkeit gehabt, eine seriöse, ausgewogene Berichterstattung zu machen, in der alle Seiten mit ihren Argumenten zu Wort kommen und ernst genommen werden. Stattdessen leuchtet er mein Dekolleté aus!
Editorische Ergänzung vom 27. Mai 2013
Disclaimer: Falls im kommenden Abschnitt Spuren von Sarkasmus durchschimmern sollten, bitte ich das zu entschuldigen. Aber ich bin eben nur eine einfache Sexarbeiterin und keine Qualitätsjournalistin.
Sven Becker, der sich im Interview mit mir selbst als Journalist bezeichnete, hat meinen Artikel gelesen und plant, eine Gegendarstellung zu meiner Gegendarstellung zu bloggen. Darin wird er vermutlich erklären, dass die Sache mit dem Foto ein bedauerliches Mißverständnis sei und man mich und meine Privatsphäre durch die Abdunklung des Bildes nur hätte schützen wollen. Daher habe ich oben an gegebener Stelle mal das von mir präferierte Foto hinterlegt, das zwar weniger schwarz-rot-verrucht daherkommt, aber auch ohne die Hilfe von Photoshop bereits anonym gewesen wäre. Ich hänge diesem Beitrag außerdem eine nicht-abschließende Auflistung mit den schönsten Stilblüten seines journalistischen Beitrags inklusive meiner Kommentare an. Dem geneigten Leser wird nicht entgehen, dass dieses bedauerliche Mißverständniß mit dem Foto Teil einer ganzen Serie bedauerlicher Mißverständnisse ist.
Man muß zu Beckers Verteidigung aber auch sagen, dass es in erster Linie die Redaktionen sind, die in einem Artikel über das politische Engagement eines Menschen vor allem Schmierengeschichten über die Person verlangen. Diese achten gewissenhaft darauf, dass die Autoren die Leser auch nicht mit zu viel Faktenwissen überfordern. Zumindest hört man das so in der Form immer wieder aus allen möglichen Ecken. Das Traurige an solchen Argumenten ist, dass Journalisten, die in Deutschland für Qualitätsmedien schreiben, in ihrer Arbeit offenbar unfreier und fremdbestimmter als Sexarbeiter sind. Skandal! Wann fordert endlich jemand ein Redaktionsverbot oder Leserbestrafung, wenigstens jener Leser, die Artikel von Zwangsjournalisten konsumieren, die nicht frei und selbstbestimmt über Inhalt und Wortwahl ihrer Beiträge entscheiden können!!!
Stilblüten des tendenziösen Journalismus
«Auf ihrer Website bezeichnet sich Carmen als Sopranistin und Pianistin […]» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
Man muß dazu sagen, dass das eine Selbstbezeichnung ist, damit auch der Letzte SPIEGEL-Leser begreift, dass Carmen bisher keine objektiven Beweise für diese famose Behauptung geliefert hat. Jeder, der in den gängigen Klischees halbwegs firm ist, weiß, dass Nutten habituell lügen. Das könnte auch auf die schwarz-rote Carmen zutreffen. Was der Leser nicht weiß, ist, dass ich in einem vorangegangenen Telefonat (DRINGEND!!!) auf mehrfache Nachfrage Beckers mehrfach bestätigt habe, dass die Angaben zu meinen Tätigkeiten auf meiner Website korrekt sind. Ich vergaß auch nicht, mehrfach zu betonen, dass diese Angaben im Kontext eines Artikels über mein politisches Engagement völlig irrelevant sind und gut und gerne einfach weggelassen werden könnten.
«[…]zitiert den englischen Naturmystiker William Blake» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
Wenn ich mich nicht mit diesem Thema beschäftigt hätte und es besser wüßte, würde ich beim Wort „Naturmystiker“ an einen Esospinner denken, vielleicht einen, der Bäume umarmt und in Kommunen lebt. Dass Blakes Naturmystik ein religionskritischer Gegenentwurf zur christlichen Mystik ist, der insbesondere auch das kirchliche Dogma der Lustfeindlichkeit und Enthaltsamkeit infrage stellt, steht nicht einmal in der Wikipedia. Ich zitiere auf meiner Website übrigens auch andere Berufsspinner wie Oscar Wilde, Francis Picabia oder Shakespeare.
«Im Internet präsentiert sie sich mit Bauchnabelpiercing, nacktem Hintern und nacktem Busen.» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
No shit Sherlock! Könnte das daran liegen, dass ich Sexarbeiterin bin und sexuelle Dienstleistungen anbiete. Könnte das in diesem Falle ein vollkommen legitimes Mittel der Eigenwerbung sein?
«Vor dem Milchkaffee in einem Café am PrenzlauerBerg sitzt eine zierliche Frau […]» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
Ach Gottchen, ich tue mir in meiner Zierlichkeit fast schon selbst Leid. Sicherlich bin ich hilfebedürftig und weiß in Wirklichkeit doch nicht so recht, wovon ich eigentlich spreche.
«[…] mit Rollkragenpullover und Schlabberhose» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
Achso, meine Röhren-Cordhose ist also schlabbrig. Danke für diese dezente Kritik, ich werde sie der Schneiderin übermitteln und fragen, was sie dazu sagt. Ich finde es immer wichtig, dass schwache Argumente in einer politischen Diskussion auf den Punkt gebracht werden. Respekt! Falls durch diese detailgetreue Beschreibung meiner Hose beim Leser der falsche Eindruck entstanden sein sollte, dass ich da im Jogginganzug angetanzt wäre, ist das ein bedauerliches Mißverständnis. Ich hatte mich bei der Wahl meines Outfits sehr bewußt dafür entschieden, mich casual, aber trotzdem seriös und nicht mit einem tiefen Ausschnitt zu präsentieren. Es sollte ja ein Interview über mein politisches Engagement werden. Da wollte ich nicht den Eindruck erwecken, durch Dekolleté statt durch Argumente überzeugen zu wollen.
«[…] die eine Begleitdame etwa für die Oper suchen – und womöglich auch fürs Bett.» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
Eine scharfe Beobachtung folgt der nächsten: Könnte es sein, dass die Kunden einer Escort-Begleiterin womöglich sogar Sex wollen? Noch einmal: Ich bin Sexarbeiterin, ich verkaufe sexuelle Dienstleistungen. Natürlich spring ich mit den Kunden in die Kiste, was glaubt ihr denn!
«Doch ihr Geschäft sieht Carmen derzeit bedroht durch Politiker, Polizisten oder Aktivistinnen, die Prostitution stärker regulieren wollen und etwa eine Meldepflicht fordern.» [SPIEGEL 22/2013, S. 62]
Falsch! Ich sehe nicht mein Geschäft bedroht, im Gegenteil. Mein Geschäft käme durch die Illegalität der Prostitution erst richtig in Fahrt. Denn dann könnte ich ganz andere Preise aufrufen – überlegt mal, wie teuer illegale Drogen sind! Nein, was ich bedroht sehe, sind meine Berufs-, Grund- und Menschenrechte und die meiner KollegInnen in der Sexarbeit. Bedroht werden diese von Menschen, die Prostitution in der öffentlichen Debatte aus taktischen Gründen mit Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung assoziieren, um die Grenzen zwischen Legalität und Illegalität zu verwischen und den Bürger Glauben zu machen, Prostitution sei gar nicht unabhängig von Zwang und Gewalt denkbar – wie es z.B. die SPIEGEL-Ausgabe 22/20013 sehr anschaulich vormacht. Diese Prostitutionsgegner fordern nicht etwa nur Meldepflichten. Nein, sie fordern Erlaubnispflichten (Konzessionierung), Zwangsuntersuchungen, Freierbestrafung, härtere Sanktionen, Änderungen des Bundeszentralregistergesetzes, Arbeitsverbote für Erwachsene unter 21 und einiges mehr. Wen das interessiert, der kann sich ja mal die Forderungen des Bundesrates und den Entwurf des Bremischen Prostitutionsstätten-Gesetzes ansehen.
«Sie sei nicht naiv, sagt Carmen, natürlich gebe es Bordelle, in denen Frauen zum Sex gezwungen würden.» [SPIEGEL 22/2013, S. 62f]
Ich bestreite vehement, das jemals so gesagt zu haben. Ich behauptete dagegen, auch im Gespräch mit Becker, dass die Orte, an denen Frauen und Kinder zu Sex gezwungen würden, in den seltensten Fällen Bordelle seien, sondern eher dunkle Keller, heimische Wohnzimmer oder kirchengetragene Internate. Denn Bordelle werden in Deutschland schon jetzt sehr stark überwacht – nicht nur von der Polizei. Letztere hat in den meisten Bundesländern jederzeitiges Zutrittsrecht (s. bspw. §36(4) ASOG [PDF]) und macht davon auch regen Gebrauch. Allein sie findet bei den Bordell-Razzien keine Frauen, die zum Sex gezwungen werden. Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung und Nötigung sind in Deutschland verboten. Kein Krimineller geht diesen kriminellen Machenschaften an einem der Strafverfolgung so exponierten Ort wie einem Bordell nach. Die sind nämlich auch nicht naiv.
An dieser Stelle nun folgen ganze 137 Wörter zu meinem politischen Engagement, in denen sogar zaghaft meine Argumente durchscheinen. Aber auch das Piratenbashing darf nicht zu kurz kommen und kann prima mit dem Nuttenbashing kombiniert werden:
«Carmen kam es zupass, dass die Piraten zur Prostitutionspolitik wie bei so vielen Themen noch keine festen Standpunkte hatten. So stieg sie schnell zur Expertin auf.» [SPIEGEL 22/2013, S. 63]
Diese PIRATEN, echt, keine eigene Meinung und vor allem kein Wahlprogramm – das kam mir super gelegen, denn hinterhältig wie ich bin (s.o.), hab ich diese Ahnungslosen sofort korrumpieren können. Die sind blöd genug, um zu glauben, dass eine Sexarbeiterin tatsächlich Expertin zum Thema Sexarbeit sein könnte und nehmen sie ernst – übrigens im Gegensatz zu den Qualitätsjournalisten beim SPIEGEL. Da kam es Becker sicherlich zupass, dass er aus dem letzten Jahr was passendes zum Thema in der Schublade hatte. Hoffentlich hat er gut daran verdient, meine Person vor meinen politischen Argumenten in der Prostitutionsdebatte zu exponieren.
«Wenn überhaupt, dann mache ich bei den Piraten Werbung für die Kolleginnen» [SPIEGEL 22/2013, S. 63]
Ja, ich mache bei den Piraten Werbung für die politischen und rechtlichen Interessen meiner KollegInnen – und zwar weil politische Arbeit in einer Demokratie darin besteht, andere Menschen von den eigenen Ideen zu überzeugen, um Mehrheiten zu gewinnen.
Weitere Artikel zum Thema
- Stellungnahme des Dona Carmen e.V. zum SPIEGEL-Titel „Bordell-Deutschland“
- Stellungnahme von menschenhandelheute.net zum SPIEGEL-Titel „Bordell-Deutschland“
- Stellungnahme von Sexarbeiterin Undine zum SPIEGEL-Titel „Bordell-Deutschland“
- Der @presseschauer hat meine Kritik verstanden und erklärt sie hier knapp, aber treffend in seinen eigenen Worten.
- Der @RAStadler bringt hier die Sicht eines Juristen in die Debatte ein.
- Die Gegendarstellung zur Gegendarstellung von Sven Becker findet ihr hier.
26. Mai 2013 um 21:22
Hallo Carmen, ich möchte dir noch einmal ausdrücklich für deine engagierte und politische Arbeit danken und habe deinem Antrag auf dem BPT mit Freude zugestimmt. Bitte mach weiter so. Pompeius
26. Mai 2013 um 21:29
Es ist sehr bitter, in welcher Art und Weise immer wieder mit Menschen umgegangen wird. Sowohl die Contra-„Argumente“ auf dem BPT als auch die Art und Weise, wie ebenso polemische Dinge durch die Medien verbreitet werden ist immer wieder erschütternd.
Der Wahlprogrammantrag war gut und wichtig, denn es wird mit ihm eine Öffentlichkeit geschaffen, die bitter nötig ist. In Bremen hat uns diese Thematik seit dem LPT – und erst recht nach dem BPT – bereits spannende Gespräche gebracht.
26. Mai 2013 um 22:20
Ich habe nur wegen dem besagten Artikel nach dir gesucht, weil ich wissen wollte, was für eine völlig verblödete Frau da als „Expertin“ interviewt wurde. Dein Blog hat mich nun vom Gegenteil überzeugen können und ich muss sagen, dass dieser Artikel wirklich unter aller Sau ist….
27. Mai 2013 um 08:07
Ich schliesse mich dem vorherigen Kommentar an, der Artikel war unter aller Sau… Auf die Forderungen und ihre Gründe, welche ja gerade auch den verletzlichsten Sexarbeiterinnen und echten Gewaltopfern helfen sollen, wird kaum eingegangen. Stattdessen wird wieder mal verheerende Repression propagiert bzw. die Stimmung schonmal schön in die Richtung gelenkt, damit die Politik später mit Repressionen umso einfacher durchkommt.
Es wurde mit voller Absicht ein Bild von dir als naives ich-will-das-halt-so- Girlie vermittelt, das eine privilegierte Minderheit darstellt, um deine Argumente neben dem Hauptartikel mit den unwahren, plakativen Aussagen vollständig ausser Kraft zu setzen. Der Artikel wirkte durchgehend belächelnd, aber das ist ja leider der Spiegel-Grundton, nicht nur bzgl Sexarbeit: Immer schwingt eine leichte Verachtung mit, von denen die Journalisten wohl meinen es sei „Journalismus mit Biss“.
27. Mai 2013 um 11:47
Hallo,
ich finde es auch schade, dass oft statt einem Bericht über politisches Engagement nur reißerisch über Klisches und (Vor-)Urteile zu Einzelpersonen geschrieben wird. (Diesen Spiegel Artikel habe ich nicht komplett gelesen.)
Dennoch hätte ich die Frage, welchen Stellenwert die Verfolgung von Menschenhandel gegenüber der Freiheit der Berufsausübung hat?
Ihre Aussage „Kollateralschäden, die Sexarbeitern bereits jetzt aus der Verfolgung von Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung [entstehen]“ mißachtet, das diese Strafverfolgung ein höheres Menschenrecht auf Freiheit zum Ziel hat.
Ich stimme der Entkriminalisierung der Sexarbeit zu, jedoch glaube ich, muss das Problem des „Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung“ als Grundlage eingedämmt und gelöst werden.
Herzliche Grüße,
ein Leser.
27. Mai 2013 um 20:58
Ich gebe ihnen Recht damit, dass Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung Probleme sind, die gelöst werden müssen. Alle drei Straftaten sind gegenüber allen Menschen verboten, nicht nur gegenüber Prostituierten. Weil sie in allen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens anzutreffen sind, müssen sie auch in allen diesen Bereichen gleichermaßen intensiv verfolgt werden. Und damit sind wir schon am Punkt: Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung sind kein prostitutionsspezifisches Problem und sie sind auch nicht gleichzusetzen mit Prostitution. Wer propagiert, man könne Menschenhandel, Ausbeutung und Vergewaltigung dadurch lösen, dass man Prostituierte verfolgt, registriert, überwacht, verbietet, was auch immer – wird dem Problem nicht gerecht, sondern schafft ein Neues.
Wir machen mal ein Beispiel: Ein junger Mann, vielleicht minderjährig, wird von einem Kriminellen in seiner Wohnung gefangen gehalten und zu sexuellen Handlungen mit ihm, seinen Freunden oder Menschen gezwungen, von denen er Geld dafür bekommt. Und eine Frau aus Vietnam. Sie wird in der Wohnung eines Diplomaten als Putzkraft angestellt. Weil das in seinem Heimatland so üblich ist, bezahlt sie der Diplomat kaum, verbietet ihr, die Wohnung zu verlassen und behält ihre Papiere ein. Was hilft es diesem Mann und dieser Frau, dass sich das Wohnungsbordell von Sexarbeiterin X konzessionieren lassen mußte und Polizei und Ämter dort ein und ausgehen? Weder der junge Mann, noch die Frau arbeiten als Prostituierte, sondern sie sind Opfer von sexueller Gewalt oder Ausbeutung. Als solches profitieren sie nicht von einer schärferen Regulierung der Prostitution oder Prostitutionsstätten, im Gegenteil, man verliert sie aus dem Blick.
Demgegenüber wird Sexarbeiterin X in ihrem Wohnungsbordell der Berufsalltag durch hohe bürokratische Hürden unermesslich schwer gemacht. Ständig kommt die Polizei vorbei und verschreckt die Kundschaft. Das Amt hat im Nachhinein eine zusätzliche Steckdose im Bad gefordert, wofür aber erst einmal neue Kabel verlegt werden müssen. Der Elektriker muß bezahlt werden, sonst verliert das Bordell seine Konzession. Aber seit neulich die Freierbestrafung beschlossen wurde, kommt kaum noch Kundschaft. Um Geld für den Betrieb und ihren Lebensunterhalt zu verdienen, muß die Sexarbeiterin plötzlich jeden, auch den rüpelhaftesten Kunden nehmen, während sie ihn früher, als mehr Kundschaft kam und die Auswahl größer war, ablehnen konnte, ohne zu verhungern. Seit sie sich neulich im Stadtamt registriert hat, indem auch die Mutter des besten Freundes ihres Sohnes arbeitet, darf dieser nicht mehr mit dem Sohn der Beamtin spielen.
Wenn von Menschenhandel die Rede ist, denken Viele, vor allem vermittelt durch die Medien, an Frauen, die wie Sklavinnen gehalten und zu Sex gezwungen werden. Jeder, der sich mit dem Thema fachlich auseinandergesetzt hat, weiß aber, dass der Straftatbestand und auch die Lebenswirklichkeiten der Opfer jenseits solcher Klischees zu verorten und komplexer sind. Plakative und von moralischen Vorbehalten getriebene Symbolpolitik gegen legale Prostitution hilft da nicht. Auf Menschenhandel heute können sie mehr Informationen zum Thema Menschenhandel bekommen.
27. Mai 2013 um 18:17
Was soll ich noch schreiben, ich freue mich so sehr darüber wie hier endlich mal Tacheles geschrieben wird, frei von Aggressionen und Komplexausprüchen.
Wenn doch nur alle menschlichen Politikfelder derart überzeugend und lehrreich ausgehandelt werden würden.
Ich gratuliere uns zu Ihrem Artikel. Sie zeichnen das Gefälle zwischen sich vom Kopf her prostituierenden Bezahlschreiberlingen, zu einem im Geiste, der Seele und den Emotionen frei schreibenden Menschen mehr wie deutlich auf.
Gruß
Willi
27. Mai 2013 um 19:57
Tut mir Leid.
27. Mai 2013 um 20:42
Vielen Dank für die ausführliche Gegenwehr. Sehr gut, sehr sympathisch, sehr korrekt. Hoffentlich schämt sich der äh, Qualitätsjournalist Sven Becker (nicht dass Google hinter seinem Namen demnächst „Schmierlappen“ vorschlägt – Hallo Sven, nicht verklagen!)
27. Mai 2013 um 21:40
Vielen Dank für dein großartige Engagement für die Rechte der Sexarbeiter_innen. Es ist toll und wahnsinnig ermutigend zu lesen, wie du dich selbst in der momentanen Situation nicht unterkriegen lässt und dich geistreich, witzig und eloquent zu wehren verstehst.
Menschen wie du sind es, die Schritt für Schritt den zivilisatorischen Fortschritt erkämpfen – kleingeistige Lohnschreiber im Dienste der Herrschenden sind hingegen beliebig austauschbar.
27. Mai 2013 um 21:53
Der Spiegel ist halt die Bild am Montag…
Zum Tuning-Test: Das Prostitutionsgesetz hat keine Artikel, sondern Paragraphen.
27. Mai 2013 um 22:22
Also wenn ich mein Spiegel-Abo nicht schon gekündigt hätte, würde ich das jetzt tun. Dieser „Journalist“ hätte besser mal den Podcast gehört, da hätte er viel lernen können, z.B. über den Umgang mit Menschen. Und das Klischee, dass Piraten keine Frauen abkriegen und sich anderweitig behelfen müssen, durfte auch nicht fehlen, was? Musste da irgendein Beleidigungspensum erfüllt werden?
27. Mai 2013 um 22:43
Ich beneide Dich nicht um deine erste Erfahrung mit einem Journalisten vom Spiegel. Sie passt ins Bild. Der Spiegel steht leider auf einer Qualitätsstufe mit den meisten öffentlich-rechtlichen Journalisten. Der ein oder andere Pressesprecherkollege arbeitet aus diesen Gründen nicht mehr mit Spiegel, MDR oder NDR zusammen, ich teilweise auch. Schade drum.
27. Mai 2013 um 23:08
Mir ist unklar, weshalb Du dem eingangs erwähnten Frittenbuden-Zitat Sven Beckers überhaupt zugestimmt hast?
Denn, wie Du selber sehr richtig erkannt hast, ist dies ausschließlich zur Diskreditierung geeignet.
Weshalb also Deine Freundlichkeit im Sinne von „Bitte, tu mir das nicht an!“?
„Basta!“ wäre m.E. die einzig richtige Reaktion gewesen.
„Basta! – Ich verbitte mir jede weitere Kontaktaufnahme und Nennung“ auf sämtlichen Kanälen.
Denn die weitere unverfroren tendenziöse Berichterstattung zeichnete sich bereits ab diesem Punkt ab.
M.E. liegt eine Möglichkeit zukünftiger politischer ‚Aufklärung‘ eher in alternativen Medien und Blogs,- wie z.Bsp. diesem hier. Denn von den meisten auflagenstarken und sehr kostenintensiven Print-Blättern dürfte zunehmend weniger zu erwarten sein. Das mag mitunter an den politischen Interessen der jeweiligen Verlagshäuser (Spiegel-Verlag GmbH & Co. KG, Bertelsmann AG/Gruner u Jahr) oder an denen ihrer Finanziers liegen. Und auch die sich zunehmend stellende Frage der Finanzierbarkeit, die sich angesichts fortschreitender Digitalisierung im Print-Markt stellt, mag eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen:
Der Druck refinanzierbare Mainstream-Meinung zu reproduzieren hat in den letzten Jahren beständig zugenommen. Der sogenannte ‚Qualitätsjournalismus‘ ist kaum noch irgendwo zu finden.
Und, auch das ist traurig, Leute die tatsächlich schreiben können, kann sich heutzutage kaum noch jemand leisten.
Abgesehen davon haben wir, gerade in Bezug auf die Piratenpartei, schon zu viele Beispiele für den qualitativen Niedergang des SPIEGEL erleben dürfen:
Mit den ebenfalls unglaublich tendenziösen Beiträgen von Annette Meiritz dürfe hier kaum noch von grober Fahrlässigkeit die Rede sein.
Mein Tip in puncto Berichterstattung/PR wäre deshalb, zukünftig nicht mehr dem Medium, sondern – wenn überhaupt – allein den jeweiligen Schreiberinnern und Schreibern zu vertrauen:
Lass Dir doch beim nächsten mal einfach ein paar aktuelle Beiträge des entsprechenden ‚Schreibers’/ der ‚Schreiberin‘ zusenden und mach Dir so vor Kontaktaufnahme ein Bild von seiner/ihrer journalistischen Integrität.
Das ist doch auch ansonsten völlig normal:
Wer will schon die ‚Katze im Sack‘ kaufen?.. womit wir dann endlich auch mal beim eigentlichen Thema angekommen wären, denn..
Wenn ich mir eine unbekannte Hure bestelle, will ich ja zuvor auch wenigstens mal nen paar Bildchen im Internet gesehen haben, um mir vorstellen zu können, was mich erwarten würde wenn.. – Nachvollziehbar – .. und selbst dann kann noch einiges schräg laufen..
Weshalb also bei der schreibenden Zunft mit weitaus geringeren Ansprüchen in die Zusammanarbeit gehen?
Grüße!
Ed.
28. Mai 2013 um 00:47
Hallo Carmen,
ich finde deine sachliche Auseinadersetzung mit diesem missratenen Spiegel-Artikel, sehr viel informativer als alles was ich bisher zu diesem Thema gelesen habe.
28. Mai 2013 um 03:37
Danke für die Einblicke in die Arbeitsweisen des Spiegel. Ich hoffe, dein Blog-Artikel wird vielfach gelesen.
Dabei ist dein Interview noch das Highlight in einem Meer von noch viel größerem Schwachsinn rund um das Thema Prostitition im Heft. Konnte man aber gefahrlos so stehen lassen, denn „Es spricht viel dafür, dass sie [selbstbestimmte Sexarbeiterinnen] eine Minderheit
sind, allerdings lautstark vertreten von wenigen Bordellbetreiberinnen und Hurenlobbyistinnen […]“
Böse Lobbyistin – tust gerade so, als gäbe es noch mehr solch wunderliche Exoten wie dich!
28. Mai 2013 um 08:10
Auch wenn es eine Wiederholung ist, aber ich muß einfach anderen Kommentatoren zustimmen: Deine Auseinandersetzung mit dem Spiegelartikel und deine Antworten in der Diskussion sind um Längen besser und argumentativer als der Spiegelartikel selbst.
28. Mai 2013 um 09:20
Ich kann mich Achim nur anschließen. Ich habe durch deinen Blogeintrag sehr viel gelernt.
28. Mai 2013 um 09:28
Warum sollte eine christlich-konservative Sicht der Dinge nicht möglich, nicht erlaubt sein? Ist diese Sicht nicht genauso wichtig wie der Blick durch die links-alternative Meinungsbrille?
Ich lasse mich selbstverständlich auf andere Ansichten ein, es verändert aber nicht mein Weltbild: Freier und Prostituierte sind moralisch wie sexuell gestörte Menschen, die sicherlich gesellschaftliche Unterstützung und Hilfe benötigen, aber keinesfalls Anerkennung! Das Prinzip des Prostitution zielt auf die Erniedrigung der Frau als Ware ab, was auch von mir, als Mann, verurteilt und abgelehnt wird. Die Sicht des Freiers ist Menschenverachtend – da hilft auch keine soziologische Theorie. Sex, sog.“Liebe“ als zahlbares Produkt, widerspricht jeglichen Grundsätzen christlichen Humanismus.
———-
[Hinweis an alle Leser und Kommentatoren: Die erste Regel im Umgang mit Trollen lautet: „Nicht füttern!“ D.h., auch wenn ihr diesen Kommentar von Hintzmann unterirdisch findet, laßt ihr ihn am besten einfach unkommentiert so stehen. Er demontiert sich selbst in ausreichendem Maße und jede Reaktion würde vom eigentlichen Thema ablenken und die sinnvolle, konstruktive Diskussion verdrängen. Wer füttert, wird nicht veröffentlicht. LG, Carmen.]
28. Mai 2013 um 09:52
Hi Carmen,
mein Kompliment zu Inhalt und Art der Stellungnahme. Es entlarvt die Redaktion des „Lumpenjournalismus“, ohne dieses Wort oder Vergleichbares zu bemühen. Es erschließt sich dem Leser ganz von selbst und aus Sachvortrag mit dezenter Würze von Ironie.
Irgendwie scheint mir, dass Bild und BZ mittlerweile erheblich seriöser als der Spiegel (oder Stern) sind. Im letzten Jahr ist mir in einer der Springer-Zeitungen beispielsweise ein sehr sachlicher und mit positiver Einstellung geschriebener Artikel über Stefanie Klee aufgefallen.
Viel Erfolg bei der weiteren politischen Arbeit, hoffentlich auch in anderen und dann doch irgendwie verbundenen Feldern, wie Sozialpolitik.
Beste Grüsse,
Bernhard
28. Mai 2013 um 10:30
Finde es von beiden Seiten (Spiegel-Titelgeschichte sowie von Sexarbeiter-Lobbyisten) etwas seltsam, wie über dieses Thema gesprochen wird.
Seitdem ich selbst mal einige Zeit in einem Rotlichtviertel gewohnt habe, muss ich sagen: Was diese „Branche“ braucht ist Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle. Identitätskontrollen, Betreiberkontrollen, Razzien, Gegenwehr.
Bei einer ganzen Reihe von Prostituierten habe ich den starken Eindruck, dass die nicht mal 18 Jahre alt sind. Das gehört abgestellt, fertig! Wir brauchen umfassendere Konzessionen der Betreiber und Überprüfungen der Damen, die sowas anbieten. Die müssen sofort erfasst werden, wenn sie aus dem Ausland zwecks „Sexarbeit“ hierher kommen. Die müssen aktenkundig sein, das ist deren bester Schutz. Die müssen unabhängige Unternehmerinnen samt Rechtsschutz durch Anwaltskanzleien werden, sonst besteht die Gefahr, dass sie wie Freiwild behandelt werden.
28. Mai 2013 um 11:10
Warum findest du es dann seltsam, wie der SPIEGEL über dieses Thema spricht. Du müßtest dich doch im aktuellen Blatt 1:1 wiederfinden können. Für nichts anderes als deine Meinung wird darin geworben. Ich denke, was das Konfliktpotential zwischen Anwohnern und Sexarbeitern in Rotlichtvierteln/am Straßenstrich enorm mindern könnte, wäre eine Dezentralisierung. Sperrgebiete und Regulierung über die Baunutzungsverordnung, wie wir sie derzeit vorfinden, führen zur Einpferchung in Ghettos, bzw. zur Beschränkung auf bestimmte Gebiete, in denen die Arbeitsbedingungen eher schlechter als besser sind. Würde Prostitution nicht künstlich an einem einzigen Ort konzentriert und bspw. auch die dezentere Wohnungsprostitution erleichtert, dann würde sich die Situation entspannen. Rotlichtviertel gäbe es dann nicht mehr. In Berlin, wo es keine Sperrgebiete gibt, kennen wir soetwas nicht.
28. Mai 2013 um 11:02
Chapeau Carmen!
Das ist nicht nur sprachlich großartig, damit entlarvst Du auch die Mechanismen des Spiegel-Journalismus sehr genau.
28. Mai 2013 um 11:48
Das Niveau des Spiegels ist in den vergangenen Jahren, vor allem seit Augsteins Tod, stetig gesunken. Die „Durchboulevardisierung“ ist bei wirklich jedem Thema zu beobachten, Investigativjournalismus hingegen findet nicht mehr statt. Über das Bilderklickstreckenportal Spiegel Online muss man wohl kein Wort mehr verlieren.
Ich selbst habe mein Abo nach 25 Jahren gekündigt, nachdem man im Fall Mollath sehr deutlichen Kampagnenjournalismus durch Beate Lakotta und die Chefredaktion lesen musste, für den es bis heute noch keine Entschuldigung gab.
28. Mai 2013 um 11:52
Über Bildblog hergekommen. Beckers Artikel war bekannt – wahrhaft keine Glanzleistung, ohne Zweifel BILD-Niveau. Zum Thema hier ist genug gesagt worden.
Was mir auffällt, ist Deine Fähigkeit, Deutsch fast durchgehend richtig zu schreiben (nicht perfekt, aber gut). Damit stehst Du weit über SPIEGEL-Schreiberlingen … die können nichts mehr (außer BILD-Deutsch). Weiter so!
28. Mai 2013 um 11:59
Hallo Carmen,
herzlichen Dank für Deine gut geschriebenen Erwiderungen. Man merkt leider auch beim ehemaligen „Sturmgeschütz der Demokratie“ wie verBLÖDet es mittlerweile in der deutschen Presselandschaft zugeht. Obwohl ich sonst kein gutes Bild von den Piraten habe, zeigen Frauen wie Du, dass sie doch ernst zu nehmen sind.
Viel Erfolg bei Deiner weiteren politischen Arbeit.
28. Mai 2013 um 12:13
Liebe Carmen,
zunächst einen herzlichen Dank für diesen hervorragend geschriebenen Artikel in Deinem blog. Ich hatte mir seit ich parteipolitisch wieder unabhängig bin überlegt, mich eventuell bei Piratens zu engagieren, das aber nach den öffentlichen Querelen wieder verworfen. Dein Text und Deine Art lässt mich jetzt doch wieder darüber nachdenken, auch wenn ich es nicht unbedingt gut finde, wenn Lobbygruppen Wahlprogramme in dem Maße beeinflussen, dass sie quasi ins Wahlprogramm übernommen werden. Hier scheint aber einfach auf der Gegenseite keine großartige sachliche Kompetenz gegen Dich zu sprechen. Ich finde es ohnehin erschreckend, wenn altbekannte Feministinnen gegen die Prostitution in Deutschland ob der armen osteuropäischen Frauen zu Felde ziehen – ihnen es im Endeffekt aber egal ist, wie es den Frauen denn in ihren Heimatländern ergeht.
Ich habe trotzdem an Dich ein paar sachliche Fragen:
Erstens arbeitete eine Freundin von mir in den 1980er Jahren in einem Projekt für drogenabhängige Prostituierte und erzählte, dass nahezu jede Klientin in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurde. Nun spielt hier sicherlich auch die Drogenabhängigkeit eine große Rolle. Eine andere Freundin von mir, die als Sexarbeiterin in verschiedenen Bordellen arbeitete, war Borderlinerin. Die Art, wie sie mir erzählte, mit ihrem Job umzugehen („ich blende mich ganz und gar aus und bin dann eine andere“) ist eigentlich typisch für Borderliner – die Abspaltung der eigenen Persönlichkeit.
Ich kenne nicht viele Prostituierte, aber bei allen, mit denen ich tun tun hatte, war der Lebensweg schon ein typisch anderer als bei sagen wir Verwaltungsfachangestellten.
kann es nicht sein, dass es auch wenn kein Zwang dahinter steht, dann doch meistens bestimmte Umstände sind, weshalb die Sexarbeiterinnen und -arbeiter dem Beruf nachgehen?
Zweitens hatte die Partei, der ich bis Ende letzten Jahres angehörte, einen Schatzmeister, der Geld veruntreute und dies in Prostitutionsgeschäfte investierte. Wie beurteilst Du den Sachverhalt unabhängig von der Veruntreuung? Um Zuhälterei und Zwangsprostitution soll es sich ja offenbar nicht handeln, aber warum verdienen noch bestimmte Personen am Business, die diesem nicht unmittelbar nachgehen?
Drittens noch die Frage, wie Du den auf Landstraßen immer intensiver entstehenden Straßenstrich vornehmlich osteuropäischer Prostituierter beurteilst:
Glaubst Du, dass es sich hierbei um Zwangsprostituierte handelt? Es gibt ja aktuell auch einen Autor (Namen habe ich vergessen), der immer wieder Zwangsprostitution mit Romafamilien in Verbindung bringt (was auch regelmäßig meiner Einschätzung nach an Rassismus grenzt).
Ich freue mich auf Deine Antwort!
28. Mai 2013 um 21:00
Nun, ich denke, es ist erstens ein Unterschied, ob der Pro-Atom e.V. Wahlprogrammanträge schreibt oder eine diskriminierte Gruppe, die Jahrhunderte lang verfolgt wurde und noch nicht einmal als Verein organisiert ist. Zweitens, kommt der Antrag nicht einmal aus dieser Gruppe, sondern wurde von mir und den Antragstellern ausgearbeitet, die alle Piraten, aber nicht alle Sexarbeiter sind. Und drittens hat dieser Antrag alle demokratischen Prozesse durchlaufen, der stand im Liquid, wurde auf die Tagesordnung gewählt und dann von der Basis mehrheitlich befürwortet. Im grunde genommen ist es egal, wer den Antrag verfaßt hat. Fakt ist, die Basis findet, er gehört so ins Wahlprogramm.
Die Frage klammert sich ein bisschen an das alte Klische, nämlich dass alle Huren a) drogenabhängig sind und b) als Kinder mißbraucht wurden. Das ist ein Klischee, es kann auf einzelne Individuen zutreffen. Fakt ist, dass nicht alle Menschen, die als Kinder mißbraucht wurden, Sexarbeiter und drogenabhängig werden. Die Zahl drogenabhängiger Ärzte und Apotheker ist z.B. auch sehr hoch, aber da ist das kein Thema, das von der Gesellschaft problematisiert würde. Vielleicht ist die Zahl mißbrauchter Kinder in unserer Gesellschaft generell hoch, aber unter bspw. Lehrern oder Psychologen fragt niemand danach. Prostitution wurde über Jahrhunderte an den Rand der Gesellschaft gedrängt, weil sie Tabus bricht. Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, bspw. weil sie drogenabhängig sind oder mißbraucht wurden oder psychische Probleme haben, können in Berufen, die in der Mitte der Gesellschaft verortet werden, oftmals keinen Fuß fassen. Da sie aber auch irgendwie überleben wollen, suchen sie sich Jobs am Rande der Gesellschaft, u.a. Sexarbeit. Das eigentlich Problem ist die gesellschaftliche an den Rand Drängung von Menschen. Auch Drogenabhängige, auch Mißbrauchte, auch psychisch Kranke, auch Sexarbeiter sind Menschen und haben also ein Recht auf Rechte.
Das könnte mehrere Ursachen haben. Der Hauptgrund: Sexarbeit ist moralisch noch immer nicht anerkannt und wurde lange Zeit (s.o.) in den Untergrund verdrängt. Da viele Sexarbeiter im Untergrund schutzlos waren, brauchten sie Menschen, die sie schützen. Bei diesen Menschen wuchsen aber die Begehrlichkeiten, von dem erwirtschafteten Geld auch was abhaben zu wollen. Da Sexarbeit semi-legal und zum Teil illegal war, konnte sich ein gutes Abhängigkeits- und Ausbeutungsnetz entwickeln. Denn es konnte ja niemand zur Polizei gehen, weil er dann selbst dran gekommen wäre und teilweise die Polizei sogar Schutzgelder einsammelte (zumindest höre ich das immer wieder aus anderen Ländern, in denen Prostitution verboten ist). Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass wenn die Hürde, der Prostitution legal nachzugehen, bürokratisch sehr hoch ist, dann sind es natürlich die Leute mit dem Geld, die die Macht haben, in diesem Bereich Geschäfte aufzubauen. Das ist in jeder anderen Branche auch so. Daher denke ich, je legaler die Prostitution und alles, was mit ihr zusammenhängt, wird und je niedriger die bürokratischen Hürden werden, ihr legal nachzugehen, desto weniger Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnisse wird es geben, weil Menschen auch ohne viel Geld und große Bildung selbstbestimmt ihren Geschäften nachgehen können.
Ich denke, einer der Gründe dafür, dass in Deutschland gehäuft SexarbeiterInnen aus Osteuropa anzutreffen sind, ist die EU-Osterweiterung. Gemäß dem Freizügigkeitsgesetz können selbstständig tätige EU-BürgerInnen für einige Zeit legal in Deutschland arbeiten. Gerade im Bereich der Sexarbeit lohnt es sich für diese auch, das zu tun. Denn hier verdient man besser, Prostitution ist legal und wird nicht verfolgt (damit ist man weniger Gewalt ausgesetzt) und man kann der Arbeit fern der Familie nachgehen, die Prostitution u.U. scharf verurteilen würde. Ansonsten habe ich mich aber speziell mit der Situation von Romafrauen und -männern zu wenig beschäftigt, um hier eine kompetente Einschätzung abgeben zu können.
28. Mai 2013 um 12:23
Interessanter Blogartikel. „Qualitäts“journalismus gibt’s mittlerweile halt nur noch selten, vor allem wenn Sex vorkommen kann.
Was ich eigentlich sagen wollte (ich kann halt nicht aus meiner Haut):
„linkisch“ bedeutet „ungeschickt“. Was wahrscheinlich gemeint ist war „link“. Das bedeutet „falsch“ oder „hinterlistig“ sein.
http://www.duden.de/suchen/dudenonline/linkisch
28. Mai 2013 um 21:05
Hm, tatsache. Habe ich in meinem Leben offensichtlich noch nie dudenkonform verwendet. Das semantische Feld, das ich damit assoziiere, ist „hinterlistig“, „gerissen“, „falsch“, „täuschend“, also „link“. Ich lasse das mal sacken.
28. Mai 2013 um 12:27
P.S. Ist im vorletzten Absatz im Kommentar zu Piraten und Prostitutionspolitik.
28. Mai 2013 um 14:39
Hallo Carmen,
Danke für deine wertvolle Arbeit. Lass dich nicht unterkriegen. Die Zeit für freie Information und Wahrheit wird sicher kommen ;) bis dahin kämpfe weiter für deine Rechte.
28. Mai 2013 um 14:48
Was für ein klasse Artikel. Ich finde es einfach genial, wie pointiert, sarkastisch und einfach kraftvoll du dich gegen so eine distanzlose und unsachliche Berichterstattung wehrst. Unabhängig davon, ob ich oder andere mit deiner Meinung komplett übereinstimmen: Das sollten mehr Frauen tun.
Mach weiter so, lass dich nicht runter ziehen (tust du ja sowieso nicht) und Danke für diesen Artikel!
28. Mai 2013 um 15:29
Ich finde es seltsam, wie man überhaupt auf die Idee kommt, die Sexarbeitsbranche sei eine Branche wie jede andere. Das ist an Blauäugigkeit nicht zu überbieten. Natürlich ist Sexarbeit keine Arbeit wie jede andere, weil sie mit unserem gesellschaftlichen Wertekodex kollidiert und daher automatisch zum Anziehungspunkt krimineller Milieus wird. Diese Milieus profitieren davon, dass vieles informell bleibt. Das alles so anonym ist. Auf Anbieterseite sollte nichts und rein gar nichts anonym sein. Zum Schutz der Anbieter.
Dabei müsste diese Branche die mit den höchsten Transparenzpflichten sein. Vielleicht muss der Staat auch neue finanzielle Anreize schaffen und im Gegenzug „registrierten“ Prostituierten zusätzlichen Versicherungsschutz, Altersvorsorge o.ä. finanzieren. Wer dann die Staatskohle will, muss – sorry – die Hosen runterlassen. Prostitution meinetwegen ja, staatliche Naivität: Nein!
28. Mai 2013 um 21:13
Sexarbeit ist aus historischen und moralischen Gründen keine Arbeit wie jede andere. Das heißt m.E. jedoch nicht, dass man sie ungleich behandeln müßte. Menschen sind ja durch unterschiedliche Lebenssituationen auch nicht einer wie jeder andere. Und dennoch haben wir den hohen ideologischen Anspruch, sie gleich zu behandeln, ihnen gleiche Rechte und Chancen zu gewähren. Der einzige Grund, weshalb wir das im Falle der Sexarbeit nicht tun, sind Vorurteile und moralische Bedenken – ebenso wie aufgrund von Vorurteilen und moralischen Bedenken bspw. homosexuelle Paare nicht heiraten oder Kinder kriegen dürfen. Diese Ungleichbehandlung, dass man einigen Rechte gewährt und anderen aufgrund von Hautfarbe, Alter, sexueller Orientierung oder eben Berufswahl nicht, das ist Diskriminierung. Die Diskriminierung von Sexarbeitern ist das direkte Resultat daraus, dass wir als Gesellschaft nicht erlauben, dass es ein Job wie jeder andere sein darf.
28. Mai 2013 um 15:45
Hört sich für mich leider nach der typischen journalistischen Masche an und bestätigt vor allem meine Skepsis gegenüber dem SPIEGEL, den ich mittlerweile eher als BILD für sprachlich etwas anspruchsvollere Leser betrachte. Inhaltlich ist das Niveau ähnlich, nur eben mit etwas weniger Emotionalisierungen und dafür mehr pseudo-intellektuellem Gehabe.
Schade, dass bei so einem interessanten und facttenreichen Thema dann so ein plumper Artikel das Ergebnis ist :-(.
28. Mai 2013 um 15:56
Danke für den Beitrag. Ja. Mich verwundert allerdings deine Verwunderung über das Verhalten des Spiegel-Redakteurs. Hast Du so lange keinen Spiegel mehr gelesen (überhaupt: nichts mitbekommen), um dir noch Illusionen über dieses Magazin gemacht zu haben? Bei allem Respekt, aber das sollte wahrscheinlich Teil der politischen Arbeit sein.
28. Mai 2013 um 17:10
Meine Meinung dazu, liebe Carmen, liest Du hier …
http://oliver-flesch.com/2013/05/28/spiegel/
28. Mai 2013 um 18:22
[Aus moderatorischen Gründen nicht veröffentlicht, s. Hinweis im Kommentar von P.J.Hintzman. Thomas, ich schicke dir deinen Text per E-Mail, so dass du ihn andernorts veröffentlichen kannst, wenn du das möchtest. LG, Carmen.]
@Carmen:
Ich danke dir für den Beitrag, auf den ich über den Bildblog gestoßen bin. Sehr gut geschrieben.
28. Mai 2013 um 19:16
Habe zu den Vorwürfen von Carmen selber gebloggt: http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelblog/eine-escort-dame-macht-politik-bei-der-wahrheit-bleiben-a-902425.html
Beste Grüße,
Sven Becker
28. Mai 2013 um 19:24
Ich bin über einen Bildblog-Link auf diesen Blogbeitrag gestoßen und bin schockiert über und dankbar für das oben Dargestellte. Der Print-Spiegel hat in meinen Augen damit nochmal erheblich an Attraktivität eingebüßt – das ist tendenziöse Boulevard-Berichterstattung und keinem Nachrichtenmagazin würdig.
Danke für die ausführliche Gegendarstellung. „Zwangsjournalisten“ ist ein schönes Wort.
Ich wünsche alles Gute und viel Erfolg (besonders bei der Auseinandersetzung mit Journalisten und im politischen Bereich),
R.
28. Mai 2013 um 19:40
Vielen Dank für die Gegendarstellung. Ich hatte mir überlegt, den Spiegel zu holen, weil mich das Thema interessiert, war aber von der Aufmachung was abgeschreckt. Hmm, wobei nicht wirklich überraschend … wenn man sich die Themengebiete ansieht, in denen man sich beruflich oder privat einigermaßen auskennt (bzw. sich die Originalberichte/Studien ansieht), dann erwartet man vom Spiegel auch keine gute (= kritisch-differenzierte und halbwegs objektive und valide) Berichterstattung mehr. Die Fehler und verfälschenden Vereinfachungen, die man aufgrund seines Fachwissens in den Artikeln bemerkt, gibt es auch bei anderen Beiträgen. Nur fallen sie einem da nicht weiter auf weil einem das Fachwissen oder der Zugang fehlt.
In der Hinsicht hat das 21ste Jahrhundert zumindest den Vorteil, dass man sich selbst über bildblog.de und Blogs ein differenziertes Bild machen kann. Danke nochmals dafür :-)
28. Mai 2013 um 20:32
Hallo Carmen,
Danke für Deinen Beitrag, denn ich gerne gelesen habe. Ich habe mich auch sehr gefreut, mich als „selbstbestimmte“ Bloggerin zu fühlen, die keiner Redaktion gehorchen muss.
Inzwischen haben wir uns auch mit dem langen Artikel beschäftigt – ein Artikel, der das ganz Phänomen „Menschenhandel“ so verkürzt und einseitig darstellt, dass ich mich dazu gezwungen fühlte, die ganzen Lücken mal anzugehen.
Ich hoffe, dass alle, die sich für Menschenhandel und Strategien seiner Bekämpfung interessieren, ihn inspirierend finden. Es ist unsere Ansicht, dass die Menschenrechte aller Menschen im Zentrum stehen müssen. Das schließt u.a. Sexarbeiter_innen, Migrant_innen (inkl. undokumentierte Migrant_innen) ein. Ich bin der Ansicht, dass nur Rechte Opfer stärken können (und zwar noch bevor sie Opfer werden). Schon alleine aus diesem Grund sind Verbote und Kriminalisierungen abzulehnen.
„Bordell Deutschland“ – Journalismus auf Lücke
http://menschenhandelheute.net/2013/05/28/bordell-deutschland-journalismus-auf-lucke/
28. Mai 2013 um 21:34
Ich habe den zwar Spiegelartikel boykottiert, empfand aber diese Antwort als unterhaltsamsten Teil meines heutigen Abends. Gut geschrieben und mit verständlichem aber gut verpacktem Zorn und sympathischem Humor.
Danke dir nochmals ausdrücklich für deine politische Arbeit, insbesondere auch bei den Piraten. Ich stehe voll und ganz hinter den neuen Punkten und bin stolz, dass wir als Partei sie jetzt im Wahlprogramm vertreten.
Gruß aus Hannover
28. Mai 2013 um 23:58
Ich finde es gut, dass es jetzt mehr Konkurrenz aus Osteuropa gibt. Das kann für uns Sex-Workerinnen auch ein Ansporn sein, qualitativ hochwertigere Angebote zu machen – wie in anderen Branchen auch. Innovation entsteht eben in der Regel durch solch einen Marktdruck. Insofern bin ich Rumäninnen oder Bulgarinnen sogar dankbar, dass sie z.T. ganz neue Preissegmente erschließen.
Beckers Artikel mag aus politischer Sicht misslungen und unfair sein. Andererseits … die Breitenwirkung lässt sich recht schnell monetarisieren, und daraus entstehen dann wiederum Freiräume für die politische Arbeit.
29. Mai 2013 um 07:21
Eine ebenso tiefgründige wie lesenswerte Stellungnahme. Der Authorin sei gedankt und künftig lese ich lieber diesen Blog als das journalistisch leider heruntergekommene „Nachrichtenmagazin“, dass sich der Boulevardpresse in Riesenschritten annähert.
Warum bist Du nicht zumindest nebenberuflich Journalistin? Du hast das Zeug dazu.
Lieben Gruss / Bernd
29. Mai 2013 um 08:16
Danke, Carmen für Dein Engagement, den Willen aus der Deckung zu kommen und dann im Sturm stehen zu bleiben und weiter zu argumentieren! Das hier ist wirklich ein Lehrstück in Pressearbeit, wie es kein Workshop zum Thema je bieten würde.
29. Mai 2013 um 08:28
Ich glaube, wir erleben hier gerade zum ersten Mal, wie einem mächtigen Medienkonzern wegen diffamierender und unseriöser Berichterstattung über die Sexarbeit einigermaßen erfolgreich die Stirn geboten wird. Dass sich Sven Becker zu einer Stellungnahme auf deine Gegendarstellung gezwungen sah (und dabei aus meiner Sicht ziemlich unsouverän rüberkommt), sehe ich als riesigen Erfolg, vielleicht sogar als kleinen Meilenstein im Kampf für die Rechte der Sexarbeiter.
Deine politische Arbeit und dieser Artikel hatten einen entscheidenden Anteil daran und die hier verlinkten Stellungnahmen und Gegendarstellung aus verschiedenen anderen Perspektiven zum noch weitaus hetzerischeren Hauptartikel sind ebenfalls große Klasse und sehr lesenswert – und werden erst dadurch überhaupt einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Hier ist der Beweis, dass Gegenöffentlichkeit funktionieren kann. Vielen, vielen Dank dafür und weiter so!
29. Mai 2013 um 08:39
Ich wollte den folgenden Text, eigentlich direkt unter die Gegendarstellung im Spiegel setzen, aber dem Spiegel ist mein Text zu lang. Da ich hier eh eine Kopie posten wollte, kommt der Text jetzt halt komplett hierher, in der Hoffnung, dass der Herr Sven Becker hier auch mitliest:
Zitat Sven Becker: „Unfair wird es jedoch, wenn Betroffene anschließend nicht bei der Wahrheit bleiben.“
Und wo bleibt Carmen nicht bei der Wahrheit? Okay, gucken wir uns mal Ihre Gegendarstellung und die Punkte darin an und den Text von Carmen:
Zitat Sven Becker: „Ich hatte Carmen den groben Verlauf des Textes vor Erscheinen schriftlich geschildert. Ihr muss also klar gewesen sein, dass es ein Text über sie wird.“
Sie behauptet nichts anderes. Man kann aus einer enttäuschten Mail an Sie, die sie auf ihrere Seite zitiert sogar herauslesen, dass sie erkennt, dass es in dem Text über Sie geht:
Zitat Carmen: „Hatte ich nicht mehrfach betont, dass ich mir einen seriösen Artikel über mein Thema wünsche und keinen über meine Person? Ich hatte dir zugetraut, einen solchen zu verfassen und bin enttäuscht. Ich werfe dir nichts vor. Es war ein Experiment und Experimente scheitern. Daraus lernt man.
Ich bin inhaltlich mit meinen Zitaten einverstanden, auch wenn ich sicherlich interessantere Dinge als diese in unserem Gespräch geäußert habe.“
Nächster Punkt, den Sie hier äußern:
Zitat Sven Becker: „Auf viele Leser muss der Eintrag so wirken, als ob ich die Wahrheit gebogen hätte, um an eine bessere Geschichte zu kommen. Das weise ich zurück. Auf zwei Passagen möchte ich ausführlicher eingehen.“
Hier geht nicht heraus, wo in dem gesamten Text nun die Lügen sind, deshalb kann ich auch nur auf die zwei Passagen eingehen, die Sie hier exemplarisch anführen:
Zitat Sven Becker: „Um es klar zu sagen: Ich habe Carmen die wörtlichen Zitate vorab zugeschickt und Carmen hat sie freigegeben. Es gab zwischen uns eine Diskussion, ob wir die Zitate mit ihrem Berliner Akzent versehen oder nicht. Ich habe das zunächst vorgeschlagen, Carmen hat es jedoch abgelehnt. Alle Zitate sind am Ende in Hochdeutsch erschienen. […] Als Leser muss man denken, dass sie – gegen ihren Willen – mit Berliner Akzent zitiert wird.“
Nun, dass die Zitate freigegeben wurden, hat Sie offen zugegeben (steht in dem oben zitierten Text von ihr). Was den Dialekt angeht, steht in Ihrem Text nur, dass Sie sie darum gebeten hat, sie so nicht zu zitieren:
Zitat Carmen aus ihrer Mail an Sie: „Wenn du noch ein gutes Haar an mir lassen willst, zitiere mich wenigstens auf Hochdeutsch! Wenn du mich beeindrucken willst, schreibe einen Artikel über Prostitutionspolitik, die rechtliche und politische Situation von Sexarbeitern, meine politische Arbeit – irgendetwas, das mich als Menschen ernst nimmt und mit einem seriösen Anliegen präsentiert. Was ich hier lese, droht eine Posse über eine schnöde Nutte zu werden, die nicht ordentlich sprechen kann. Darauf könnte ich und kann die Sache, für die ich kämpfe, ebensogut verzichten.
Bitte, tu mir das nicht an!“
Zitat Carmen nach der Mail in ihrem Blogeintrag: „Nun, was ist daraus geworden – ein Artikel über Prostitutionspolitik oder belangloser Wisch, den man so (nur in weniger Sätzen) auch in der BILD-Zeitung hätte lesen können? Im aktuellen SPIEGEL 22/2013 kann sich jeder selbst ein Bild machen.“
Ja, der Leser kann den Eindruck bekommen, sie wäre nicht auf hochdeutsch zitiert worden, aber behaupten tut sie das in Ihrem Text nicht. Für mich persönlich war es im Endeffekt egal, ob sie mit Akzent oder in Hochdeutsch zitiert wurde, der Eindruck den ich aus Ihrem Blogartikel mitgenommen habe, ist der dass Sie zumindest dem Wunsch über ihre politische Arbeit und Ihre Inhalte zu berichten, so nicht nachgekommen sind. Und ob Sie nun noch ein gutes Haar an ihr gelassen haben oder nicht (hochdeutsch oder Berliner Dialekt) ist da eher zweitrangig, denn das Kind ist da schon in den Brunnen gefallen. Auf jeden Fall sehe ich auch an diesem Punkt nicht, dass Carmen nicht bei der Wahrheit geblieben wäre.
Nächster Punkt:
Zitat Sven Becker: „Dazu muss man sagen, dass uns Carmen zunächst vier Bilder zugeschickt hat, auf denen man sie erkennen kann – wozu auch das von ihr präferierte Bild mit der Hand vor dem Gesicht zählt. Darüber haben wir uns sehr gewundert, da sie im Gespräch immer wieder betonte, dass sie ihre Privatsphäre schützen wolle. Wir haben Sie deswegen darum gebeten, das nun abgedruckte Foto zu nutzen. Carmen hat ausdrücklich ihr Einverständnis zu diesem Bild gegeben. Um sicher zu gehen, dass sie nicht erkannt wird, haben wir noch das Gesicht auf dem Bild verdunkelt. Unsere Bildredaktion widerspricht Carmens Behauptung ausdrücklich, wir hätten das Dekolleté ausgeleuchtet.“
Dass sie mit dem Bild einverstanden war, sagt sie auch in ihrem Blog. Allerdings lese ich nirgends raus, dass sie auch mit einer Nachbearbeitung einverstanden gewesen wäre. Wäre es da nicht fair gewesen, nochmal nachzufragen?
Und ansonsten hat sie zugegebenerweise erst nach der Ankündigung zu der Gegendarstellung von Ihnen noch einen Nachtrag geschrieben. Darin heißt es:
Zitat Carmen: „Darin wird er vermutlich erklären, dass die Sache mit dem Foto ein bedauerliches Mißverständnis sei und man mich und meine Privatsphäre durch die Abdunklung des Bildes nur hätte schützen wollen. Daher habe ich oben an gegebener Stelle mal das von mir präferierte Foto hinterlegt, das zwar weniger schwarz-rot-verrucht daherkommt, aber auch ohne die Hilfe von Photoshop bereits anonym gewesen wäre.“
Wäre es also wirklich nur um die Anonymität gegangen, hätten Sie durchaus auch das andere Bild nehmen können. Und ja, sie hat gesagt, dass Dekolleté wäre ausgeleuchtet worden. Das mag, wenn man es wörtlich nimmt tatsächlich nicht stimmen. Aber ob nun ein Bereich ausgeleuchtet wird (was ich als Aufhellen des Bereichs verstehe) oder die anderen Bereiche abgedunkelt werden, hat denke ich mal den gleichen Effekt, nämlich dass das Dekolleté deutlich stärker hervorgehoben ist.
Für mich entnehme ich dem Text, dass das Foto nachbearbeitet wurde (was keine Lüge ist) und dadurch das Dekolleté deutlicher hervorgehoben wurde (was ich jetzt nicht beurteilen kann, da ich nur das Original aus Carmens Blog kenne, kann mir aber vorstellen, dass wenn man das Gesicht abdunkelt entsprechend nur noch das Dekolleté übrig bleibt). Ob das jetzt technisch durch „Ausleuchten“ des Dekolletés geschehen ist (was dann wohl die „Lüge“ wäre) oder durch Abdunkeln des Gesichts, macht für mich jetzt keinen großen Unterschied.
Abschließend kann ich nur sagen: Ich sehe wenig, was Ihre Aussage stützt Carmen wäre nicht bei der Wahrheit geblieben. Höchstens könnte man ihr unterstellen, dass Sie durch geschickte Formulierungen gewisse Eindrücke erweckt, das kann man aber in deutlich höherem Maße von Ihrem Spiegel Artikel (zumindest die Teile, die ich in Carmens Blog lesen konnte) sagen. Und wenn es schon ein „Qualitätsjournalist“, wie sie es nicht schafft, solche Eindrücke zu wecken, dann müssen Sie das einer (Zitat Carmen:)“schnöden Nutte“ doch wohl nachsehen können, oder?
29. Mai 2013 um 12:21
Das erinnert mich ein wenig an eine Paneldiskussion auf einer Convention einer anderen Subkultur. Um mal zu paraphrasieren:
When I get a request from the media, they usually contain the sentence „We realize that [subculture] has had a bad run in the media, but *we* intend to…“
In the business, that’s what we call „Bullshit“.
29. Mai 2013 um 13:24
Nur damit es auch ins Netz kommt, auch hier mein Kommentar , der gleich bei SpOn druntergesetzt wird.
Werter Sven Becker und übrige Spiegel-Redaktion,
bedauerlicherweise erweckt die veröffentlichte Darstellung seitens der „Courtisane Carmen“ einen derartig schlüssigen Eindruck, daß ich mir diesen – womöglich sogar käuflich erworbenen – Spiegel auch vorhalten werde;
Nach reiflicher Überlegung, ob und wie mich als Gelegenheits-Senf-Dazugeber zu dem regelmäßigst öffentlich dethematisierten Thema (neben dem Umgang mit dem Tod) äußern könnte.
Abgesehen davon, daß sich „Carmen“ aller vorraussicht nach unter Anwendung eines sprachlichen Stilmittels, der Ellipse, der Niederschrift von Widerworten bzgl. des Berlinerns in der Schrifstprache „schuldig gemacht“ hat, hat sie die dem real existierenden Zitat ‚Wenigstens hat die Bildredaktion des SPIEGELs mein Dekolleté ordentlich ausgeleuchtet. So kommen gewiß keine Zweifel über die Eigenschaften auf, die mich als Expertin zum Thema Prostitutionspolitik für das „Sturmgeschütz der Demokratie“ auszeichnen und interessant machen.‘ (s.o.) aus ihrem Blog folgend, anscheinend die Veränderung der visuellen Wahrnehmung durch die Manipulation eines bereitgestellten, rechtlich geschützten Bildes zwecks Veröffentlichung kritisiert.
Ich bin überzeugt davon, dass es eurer BILDRedaktion (ein Schelm, wer sich böses ob der Großschreibung denkt) klar ist, daß der Kontrast zwischen den Feldern eines Schachbretts zerfließt, wenn man die Schwarzen mit 100% Weiß übertüncht; Die TAZ soll vor ein paar Jahren den – ich bezeichne es mal als politischen Inhalt der Rede eines berühmten Staatsoberhauptes – auf der Titelseite, durch eine Ellipse persifliert haben.
In der Hoffnung, beiden Seiten ein Schmunzeln zu entlocken und eine Überarbeitung oder vollständige Veröffentlichung des Gesprächs auf SPON und/oder der Seite der „Courtisane Carmen“ stelle ich das auf beiden Seiten ein und hoffe, keine weitergehende Verbal-Mensur zu initiieren.
29. Mai 2013 um 15:33
Hallo Carmen,
mit großem Interesse habe ich Deine Gegendarstellung gelesen und möchte mich dafür bedanken, daß Du mir (und hoffentlich auch einigen meiner Lesern) dieses Politikfeld zur Beschäftigung eröffnet hast – ich bin da richtig blank bei dem Thema, hole das aber nun nach.
Des weiteren ebenso ein Dankeschön für den Mut, sich dem Spiegel entgegenzustellen und ihn zu entlarven – sowie ihn ein wenig in die Selbstentlarvung zu treiben, man blicke sich nur mal die exakte Aufmachung der Gegendarstellung an. Das ist nicht nur tendenziös, sondern auch sehr interessant…
http://lastknightnik.wordpress.com/2013/05/29/die-welt-der-gegendarstellungen/
29. Mai 2013 um 17:59
Danke das ich deine Seite finden durfte. Werde ich mir merken :-)
„…Konsequenz ist: Deine Quellen werden sich gut überlegen, in welcher Weise sie dir das nächste Mal begegnen oder ob sie überhaupt je wieder mit dir zusammenarbeiten….“
Genau richtig, die Konsequenz ist, das man mit Journalisten gar nicht mehr redet!
Es ist traurig was aus dem Journalismus geworden ist. Ich bin froh, das ich bessere und fundierter Infos aus der Blogsphäre lesen kann.
29. Mai 2013 um 18:08
Was verzerrte Berichterstattung betrifft — mir geht bei Diskussionen zum Thema Prostitution immer die Penn & Teller’s Bullshit Folge „Prostitution“ durch den Kopf ( http://www.youtube.com/watch?v=EWjb307ueIk falls noch online). Die Macher der Serie beziehen auch Position, stehen dazu das ein Hauptziel Unterhaltung ist, und zerlegen die Tätigkeit in potenziell (aber nicht notwendigerweise) problematische Teilkomponenten (Menschenrechtsverletzungen, extreme Gefahr, Gesundheitsrisiken, Ausbeutung und Sklaverei). Vielleicht leicht Off-Topic, aber basierend auf den bisherigen Kommentaren hier würde mich dazu die Meinung interessieren.
29. Mai 2013 um 23:56
Hallo Carmen,
bis ungefähr zu „Resepkt“ bin ich gekommen — Deinen ansonsten fehlerfreien Text willst Du vielleicht an dieser Stelle korrigieren.
Salut,
mdb
ProstG – gute Frage: nur drei!
30. Mai 2013 um 12:08
n.w.
Hier macht internet freude!
Ich bewege mich gerade neu, wegen der „deutsch bordell“ titelgeschichte von …..,vermehrt in den Block+Internet Foren.
An dieser stelle möchte ich mit Verlaub der Diskusion, dieses „altem wie aktuellem hochbrisantem Thema“ mehr Hintergrundinfos mitgeben:
http://www.donacarmen.de/
Danke für die „frische brise“ in dieser muffigen DE Medienlandschaft
Gruß norb
30. Mai 2013 um 13:30
Hey Carmen,
voll super diese Gegendarstellung und das sie offenbar von sehr vielen wahrgenommen wurde. Schade dass es keine Gesetze gibt, die die Persönlichkeitsrechte bei respektlosen Artikeln über einen schützen (oder gibt es sowas?). Der Sven Becker hat ja mMn schon rufschädigend geschrieben.
Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn wir Richtlinien aufstellen, von denen wir erwarten, dass Journalist_innen sie einhalten, wenn sie über uns berichten (eine Vertragsvorlage wäre dafür auch ne gute Idee). Dann wird es zwar wohl weniger Artikel geben, aber dafür auch deutlich weniger sch*** Artikel, die man sich hinterher am liebsten in Arsch schieben würd.
LG, Marleen
30. Mai 2013 um 19:07
@Marleen: Es gibt irgendein Gesetz, dass man klagen kann, wenn man persönlich beleidigt oder rufschädigend über einen berichtet wurde. Ich weiß nicht, welches. Ob das in diesem Falle gegeben ist? Ich bezweifle es. Wie schon jemand unter Beckers Gegengegendarstellung erläuterte, wurde nicht „falsch“ (was auch immer wahr und falsch ist) berichtet, sondern tendenziös. Im Zweifelsfall redet man sich da immer mit Meinungs- oder Pressefreiheit raus. Alles in Allem denke ich nicht, dass es irgendwelche konstruktiven Punkte für unsere Sache brächte, einen solchen Prozess zu führen. Nein, ich hatte die Gelegenheit durch den Wind, den meine Gegendarstellung im Web verursacht hat, gleich noch unsere politischen Positionen und Argumente anzubringen. Ich bin mehr als zufrieden mit diesem Ergebnis.
30. Mai 2013 um 18:25
Mein Kommentar bei Spiegel Online, ….
faszinierend zu lesen, wie sich ein „Profi“ selbst demontiert und zugibt, dass die Art und das Ziel der Berichterstattung bereits im Vorfeld fest stand, und es nicht darum ging sich mit Carmen, ihren Argumenten, und ihrer politischen Arbeit auseinander zu setzen, sondern tendenziell darum Vorurteile zu bedienen.
Sie unterstellen Carmen hier ganz dreist nicht bei der Wahrheit zu bleiben, geben aber gleichzeitig zu dass ihnen die Wahrheit egal ist, Hauptsache ihr Artikel passt ins vorgegebene Schema.
Wenn ich mir den Titelbericht ansehe, der angeblich nach Recherche geschrieben wurde, da biegen sich die Balken, wie die Wahrheit durch Verschweigen von Tatsachen, Selbstinterpretation ohne den Anspruch sich wirklich mit dem Thema zu beschäftigen gebogen wird.
Das Angebot durch Kolleginnen von mir Einblick zu geben, und eine ausgewogene Argumentation die verschiedene Sichtweisen zeigt, haben ihre Kollegen ja rigeros ignoriert.
Wie fühlt man sich, wenn man Ideale aufgibt, und nur noch für den Kommerz schreibt?
Wie schrecklich muss es sein zu erkennen, dass Sexarbeiterinnen keine dummen Frauen sind, die sich nicht wehren können, sondern sie noch mit ihren eigenen Waffen schlagen und es auch durchaus Kolleginnen gibt, die ihnen und ihrer Redaktion intelektuell überlegen sind, so dass sie nur noch mit trotzigen Kommentaren versuchen können sich herauszuwinden, aus dem, was offensichtlich wurde.
Mit dieser Art der Berichterstattung haben sie unserem Kampf für unsere Rechte einen größeren Dienst erwiesen, als ihnen lieb sein kann.
Vielen Dank dafür, dass jetzt immer mehr Menschen uns wahrnehmen, und sich unsere Argumente und unsere Erfahrungen anhören, um sich selbst ein Bild zu machen.
Carmen ich gratuliere dir zu deiner geschliffenen Gegenwehr!
Du hast erfolgreich Flagge gezeigt.
MfG Tanja
30. Mai 2013 um 22:53
Schon traurig, echt.
31. Mai 2013 um 13:11
@carmen + marleen
als „Rechtslaie“ tippe ich auf StGB §185, 186, 187 – die ev. in Frage kämen…
http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/BJNR001270871.html#BJNR001270871BJNG005102307
Allerdings würde ich – insbesondere falls sich kein Anwalt findet, der das „pro bono“ übernimmt – von einer entsprechenden Klage absehen. Obwohl eine solche natürlich ein nicht zu unterschätzendes Potential an Öffentlichkeits-Wirksamkeit hätte ;)
btw. @carmen – ich hab’s auch mal im Joy verlinkt, obwohl da in der Gruppe wenig los ist, aber schadet ja nicht…
2. Juni 2013 um 13:06
@Tilopa: Danke für deinen Kommentar zur englischen Ausgabe des Spiegel-Artikels. Mir wäre sonst dieser hervorragende Beitrag verborgen geblieben.
http://www.spiegel.de/international/germany/human-trafficking-persists-despite-legality-of-prostitution-in-germany-a-902533.html
@Carmen: Deine Gegendarstellung muß ich nicht mehr positiv kommentieren – das wird ja von praktisch allen Kommentaoren getan. Aber auch deine Replik auf ‚Me‘ ist an Schlüssigkeit und Logik nicht zu überbieten. Danke
3. Juni 2013 um 02:17
Hallo Carmen,
wird es noch ein zweites Gespräch in der Wrintheit mit Holger Klein geben? Ich, und auch bestimmt viele andere, würden sich sicherlich darüber freuen.
Vielleicht sogar ein Gespräch zu dritt mit dem Herrn Becker.
LG Zerinnerung
PS: Annett Meiritz von SPON ist noch schlimmer (;.
3. Juni 2013 um 19:53
Offener Brief von Dona Carmen e.V. zur geplanten Verschärfung der Prostitutionsgesetze (ein Schelm, wer einen Zusammenhang zur jüngsten Berichterstattung des Spiegel und anderer Konzernmedien sieht).
Dort wird noch einmal hervorragend ausgearbeitet, wie weit die Prostitutionsgegner auf Kriegsfuß mit der Realität stehen:
http://www.donacarmen.de/wp-content/uploads/2013/06/PM-10-Erkl%C3%A4rung-Bundestag1.pdf
5. Juni 2013 um 17:13
Mein Artikel in der Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (:bsz) über die Titelgeschichte des Spiegels vom 27. Mai und die Stellungnahme von Doña Carmen e.V. dazu:
Der Spiegel macht Stimmung gegen Prostitution. „Bordell Deutschland“
http://www.bszonline.de/artikel/%E2%80%9Ebordell-deutschland%E2%80%9C
12. Juni 2013 um 15:35
Der Vollständigkeit halber sei hier auch noch der Link zur teils kürzeren, teils ergänzten englischen Version des ‚Menschenhandel Heute‘-Artikels aufgeführt, veröffentlicht auf Feminist Ire.
Does legal prostitution really increase human trafficking in Germany?
http://feministire.wordpress.com/2013/06/06/does-legal-prostitution-really-increase-human-trafficking-in-germany/
16. Juni 2013 um 21:03
Das Niveau des Spiegels sinkt seit 2006 (gefühlt) kontinuierlich. Das hier ist jetzt einfach nur noch ein tragischer, öfftlich zu verfolgender, Tiefpunkt, leider auf deine Kosten.
Geld für den Spiegel ausgeben, das mache ich schon lange nicht mehr. Jetzt werde ich nur in meiner Meinung bestärkt.
Lisa (25, Akademikerin und ich glaube, das ist mein und dein Problem. Vielleicht sollte der allgemeine Spiegelleser, der angesprochen werden sollte, dem BILDLeser eher gleichen. Das du als Sexarbeiterin nun auch noch eine hohe Intelligenz besitzt, welch dramatische Eigenschaft. Skandal!)
12. April 2016 um 12:26
Spiegel ist schon extrem schlecht, aber immer noch besser als die Kronen-Zeitung, glaubt mir…