Studie zu Studentenprostitution

Vor kurzem hatte ich hier zum Thema Studentenprostitution geschrieben und eine laufende Studie des Studienkollegs vorgestellt. Diese Studie ist nun offenbar gestern released worden, so schreibt der Tagesspiegel [Link]. Obwohl ich mich an der Studie beteiligt und meine Kontaktdaten mit der Bitte um weitere Infos dagelassen hatte, habe ich keine Nachricht mehr von denen bekommen und daher natürlich auch nichts von der Release gestern gewußt. Schweinerei!

Der Tagesspiegelartikel stürzt sich natürlich wieder auf die Frage, ob sich Studenten aus Geldnot prostituieren. Ja, natürlich tun sie das. Dass sich unter den Studenten, die finanzielle Rücklagen haben oder von ihren Eltern unterstützt werden, weniger prostituieren, als unter denen, die keine solche Unterstützung erhalten, finde ich völlig logisch und keine große Erkenntnis. Aber hier wird es halt wieder dargestellt, als sei das etwas, was nur für Prostitution gelte. Natürlich nicht, es gilt für alle anderen Nebenjobs genauso! Trotzdem fragt keiner danach, in welchen anderen Metiers sich Studenten aus Geldnot noch so prostituieren. Ich glaube, der Anteil an Studenten, die Schulden haben oder keine finanzielle Unterstützung von ihren Eltern erhalten ist generell unter denen größer, die neben dem Studium jobben. Klar, wenn ich Kohle habe, muß ich nicht nebenbei als was auch immer arbeiten gehen. Keiner fragt danach, wieviele Studenten in anderen Nebenjobs ausgebeutet werden oder was mit „Ausbeutung“ hier überhaupt gemeint ist? Mangelnde Wertschätzung der Arbeit, geringer Stundenlohn, lange Arbeitszeiten, sinnlose Aufgaben? Das Gefühl, darunter zu leiden, habe ich als studentische Prostituierte genau nicht – daher habe ich mir diesen Job aus freien Stücken ausgesucht. Worunter ich leide, ist die Doppelmoral der Gesellschaft, sind die Kommentare derer, die mir ob meiner Entscheidung Dummheit oder Opfertum unterstellen, die mich für unwert erklären, weil ich aus freien Stücken sexuelle Dienstleistungen anbiete. Die Bezahlung als Prostituierte ist gut, ich muß nicht viel Zeit für den Broterwerb aufwenden und ich kann mir meine Arbeitszeiten völlig frei gestalten. Wieviele Studenten in anderen Nebenjobs können das von sich behaupten? Das interessiert komischerweise niemanden. Ich finde, die nächste Studie sollte sich mit einem Vergleich von Prostitution als Nebenjob mit anderen Nebenjobs befassen und mal herausarbeiten, ob es studentischen Prostituierten tatsächlich so viel schlechter damit geht – wie das immer völlig vorurteilsbehaftet von gerade denen behauptet wird, die noch nie ein Bordell von innen gesehen haben. Unbeachtet bleibt, wie immer, die Tatsache, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir alle dem Zwang, für unser Überleben Geld verdienen zu müssen, ausgeliefert sind. Der eine entscheidet sich dafür, seinen Lebensunterhalt als Call-Center-Agent zu bestreiten, der andere entscheidet sich für Sexarbeit. So what!?


 
 
 

3 Kommentare zu “Studie zu Studentenprostitution”

  1. menschelnd
    29. Mai 2011 um 19:31

    Hallo Courtisane,

    ich teile deine Einschätzung und hätte gern dem Tagesspiegel eine entsprechende Online Rückmeldung gegeben, da ich aber eine E-mail Adresse hinterlassen muss und ich DIESEM Blatt aber meine Daten nicht zur Verfügung stellen will, werde ich es auf dem Postweg tun und hinterlasse ihn auch hier.

    —————
    klischeehaft…
    …sowohl der Artikel und noch mehr die Kommentare – zeigen mit welchen eingefahrenen Denkschemata wertend aggiert wird.

    Schon der Artikel ist wertend und stellt unzulässig Prostitution und Not in einen zwangsläufigen Zusammenhang – dies ist aber Zwangsprostitution.

    Prostitution ist erst einmal schlicht der Tausch von sexueller Handlung für Geld (oder andere materielle Dinge) – nicht mehr und nicht weniger.
    Über die Motivation der hierbei (Tausch-)Beteiligten sagt dies erst einmal nichts aus.

    Das Studentinn_en heute neben dem Studium ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, ist ein weiterer Aspekt – der losgelöst von der Frage von Protitution zu benennen ist.

    Es gibt also eine ganze Reihe von Studentinn_en, die aus Not = Lebensunterhalt verdienen – arbeiten gehen und ein Teil von ihnen tut dies durch Sexarbeit.

    Ebenso gehen eine Reihe von Studentinn_en arbeiten, um sich unabhängig vom Lebensunterhalt Geld zu verdienen (wofür auch immer sie dieses Geld verwenden)
    Und ein Teil von Ihnen tut dies mit Sexarbeit!

    Ich kann keinen relevanten Unterschied zu anderen Bevölkerungsgruppen dieser Gesellschaft feststellen – wie auch – sie sind ja keine anderen Menschen!

    Das ist Darstellen von Sachverhalten und Fakten!
    Alle moralischen Wertungen bringen die Autorinn_en des Artikels und die Kommentatorinn_en ein.

    vielleicht ist dies bedenkenswert…

    PS: ich bin weder Student, noch Sexarbeiter, noch Nebenjobber – aber definitiv jeman(n)d, der Schubladendenken und Moralisieren überhaupt nicht leiden kann!!

    ——————–

    Ich hoffe sehr, dass die Studie selbst hier sachgerechter darstellt!
    Ebenso hoffe ich, dass die Studienersteller_innen nachholen, was sie versäumt haben – den Beteiligten die Studie vorzustellen.

    zugewandte Grüße
    menschelnd

  2. Tobsen
    22. November 2012 um 11:24

    Sagen wir es mal so: Wenn die Bezahlung stimmt, kann man durchaus mal sowas machen. :) Wenn ich für Geld irgendwelche Werbung verbreite ist das in gewissem Sinne auch eine Art „Prostitution“. Man verkauft seinen Ruf für Geld.

    Die andere Seite ist aber immer noch: Prostitution wird in der Gesellschaft immer noch als obszön abgetan. Andererseits hat diese Branche wieder immensen Zulauf von irgendwelchen Freiern. Eben eine Doppelmoral.

    Von dem her: Wenn du machen willst und dir damit über die möglichen gesellschaftlichen Konsequenzen bewusst bist, mach es einfach.

    Da ich persönlich aber versuche nach christlichen Werten zu leben, würde ich es eher vermeiden.
    Ich seh es so, jeder muss versuchen sein Leben selbst zu leben und später dafür auch gerade stehen können.

    BTW: Jesus und Gott gibt eh allen Menschen eine Chance. Im alten Testament wurde eine Prostituierte verschont, weil sie damals Kundschafter bei sich aufgenommen und versteckt haben, als Israel eine Stadt eingenommen hat.
    Im neuen Testament ließ Jesus sogar zu, dass eine Prostituierte seine Füße salbte.

    Von dem her: Es ist nicht die ehrenvollste Aufgabe, aber eine Chance gut und halbwegs gefahrlos Geld zu verdienen.
    Ich würds trotzdem nicht machen. Bin aber auch ein Mann. :)

  3. carmen
    30. November 2012 um 14:52

    Ganz ehrlich, ich halte das Bekenntnis zu Jesus, Gott, christlichen Werten und Bibel-Fiction auch für keine ehrenvolle Aufgabe. Aber wenn es dein Leben schöner macht, du dich am Ende des Tages dafür nicht schämst und auch nicht anfängst, Leute zu bekehren oder zu steinigen, die sich nicht dazu bekennen, mach doch! Mir wär das zu blöde, aber ich bin ja auch Atheist. :)

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