flirten in public

Ohne meinen Geschlechtsgenossinnen hier in den Rücken fallen zu wollen, muß ich sagen, dass ich einige Frauen nicht verstehe. „Ugh, hast du den Typen gesehen, wie der mich angeguckt hat. Als ob der ne Chance bei mir hätte! Wie kommt der überhaupt dazu, mit dem würde ich doch nie ins Bett steigen“, gackert ein junges Mädchen im Abteil neben mir zu ihrer Freundin. Ein junger Herr am Ende des Wagons blickt verstohlen auf seine Schuhe.

Aber bitte, meine Damen, wer wird denn so naiv sein zu glauben, beim Flirten ginge es darum, jemanden zum Vögeln zu finden. Ich betrachte es vielmehr als sozialen Akt. Ich flirte äußerst gerne in der Öffentlichkeit, am liebsten mit jenen Menschen, die besonders schüchtern aussehen. Ich gucke sie mit einem niedlichen Augenaufschlag an und lächle und sie bekommen rote Wängchen und gute Laune für den Rest des Tages. Und wenn man gleich morgens in der Bahn mit dem Flirten anfängt, so hat man einigen Menschen, die sonst vielleicht in Einsamkeit und Selbstzweifeln durch einen grauen Alltag getrottet wären, durch diese nette, kleine Geste den gesamten Tag versüßt.

Es ist doch so, daß Flirten ein Beitrag zur Verbesserung des zwischenmenschlichen Klimas ist, und wir Frauen brechen uns nun wirklich kein Bein damit, dem einen oder anderen Mann durch unsere Aufmerksamkeit ein wenig Selbstbewußtsein zu schenken. In einer Welt, in der viele Frauen, sich mit ihrer Weiblichkeit noch so wenig arrangiert haben, dass sie Emanzipation mit Männernhaß verwechseln, kann das nicht schaden. Da muß man sich als Frau auch nicht zickig haben, wenn man mal unaufdringlich von einem Mann angeschaut wid, sondern kann sich seiner Attraktivität freuen.

Mit einem Mann zu flirten (vorausgesetzt, er ist nicht homosexuell) ist auch für eine durchschnittliche Frau kein Wagnis. Eine wahre Herausforderung ist es hingegen, als Frau mit einer Frau zu flirten und das nicht wegen der Gefahr einer Abfuhr. Es ist nur so, dass aufgrund der heterosexuellen Konvention viele Frauen einfach gar nicht mitkriegen, dass die Frau, mit der sie gerade freundliche Blicke tauschen, heftig mit ihnen flirtet. Es liegt einfach fern ihres Universums liegt und während sie sich durch den Blick eines Mannes sofort in ihrer Emanzipation angegriffen sehen, verschwenden sie beim Blick einer Frau nicht den geringsten Gedanken an sexuelle Anzüglichkeiten. Eigentlich auch schade!

So ein bisschen könnte man doch da langsam mal die Mitte finden, oder? Denn wenn wir Menschen uns ab und an mal zeigen würden, wie nett wir uns eigentlich finden und wie froh wir doch sind, dass wir nicht allein auf diesem Planeten weilen, dann wäre das Leben doch nur noch halb so tragisch. Und davon könnten wir alle gleichermaßen profitieren.


 
 
 

4 Kommentare zu “flirten in public”

  1. Felixx
    30. November 2008 um 16:03

    Ja ja meine Liebe…. nur ist es ja so, dass 95% aller Frauen schon reflexhaft das ungeschriebene Gesetz befolgen: „Schau keinem Mann zu lange und zu direkt in’s Gesicht, du könntest ja den Eindruck erwecken, du wolltest was (na was wohl?) von ihm.“ Und weil das so ist, wird die Sehnsucht und ungestillte Hunger nach weiblicher Aufmerksamkeit bei den Männern immer größer, und sie wollen dann wirklich, was sie nicht gleich wollen sollten, außer vielleicht bei den freundlichen Damen vom horizontalen Gewerbe oder bei den wenigen bekennden weiblichen Spontansex-Liebhaberinnen. Womit wir wieder ein Katzendilemma (Biß in den eigenen Schwanz) erzeugt hätten …

  2. Carmen
    30. November 2008 um 16:16

    Ich glaube tatsächlich, dass die maskuline Notgeilheit durch die feminine Totalverweigerung extrem bestärkt wird. Beide Verhaltensartikulationen finde ich anstrengend. Die Herren dürfen sich gerne mal wieder zusammenreißen, die Damen aber auch. Ich sage nicht, dass sie alle Spontansexliebhaberinnen werden sollten, aber ein bisschen mit den Bengels flirten hilft vielleicht schon. Vielleicht erreicht man dann einen Zustand, wo man als Frau mit kurzem Rock im Sommer wieder mehr als nur eine Baustelle weit kommt…

  3. Robert
    18. Oktober 2010 um 02:17

    „Ich flirte äußerst gerne in der Öffentlichkeit, am liebsten mit jenen Menschen, die besonders schüchtern aussehen. Ich gucke sie mit einem niedlichen Augenaufschlag an und lächle und sie bekommen rote Wängchen und gute Laune für den Rest des Tages.“

    Also wir beide sind uns sicher NIE begegnet. Sowas ist mir noch nie passiert!

    Da stimme ich Felixx zu, SO ist es eher. Alle Frauen die ich kurz in der Bahn mustere – und ich mustere jeden mehrfach, auch aus künstlerischer Neugier – schauen konsequent weg und blicken mich nie wieder auch nur EINE Sekunde an, selbst wenn es sich zufällig ergeben könnte. Meine Freundin meinte, sie macht das auch so. Da habe ich echt Fragezeichen im Gesicht gehabt. Ich meine, was soll das? Das ist doch schon affig. Als wenn sie mir zeigen MUSS das ich nicht ihr Typ bin. Was mir persönlich total am Arsch vorbeigeht.

    Witzig aber: sobald ich im Anzug rumlaufe gucken selbst die Frauen mich für längere Zeit an, bei denen ich denke, da habe ich rein optisch keine Chance, selbst die aufgetakelten Tussis. Ich glaub zwar nicht, dass ich wegen des Anzugs mehr Erfolg hätte, aber interessant ist es schon.

  4. carmen
    18. Oktober 2010 um 10:17

    Ich denke, es ist ein Unterschied, ob eine Frau flirtet oder ein Mann. Ich habe mir darüber schon oft den Kopf zerbrochen. An sich ist Flirten eine feine Sache, aber ständig von jedem Typen wahllos angemacht zu werden, ist es nicht. Das liegt vielleicht daran, dass es absolut keine Seltenheit für jede halbwegs gut aussehende Frau ist. Wenn es so oft und so wahllos vorkommt, dass man beginnt, sich auf sein Aussehen und seine Paarungsvorzüge reduziert zu fühlen, dann nervt es einfach nur noch. Vielleicht denke ich in dem Moment noch nicht mal an erotische oder emotionale Kontakte und vielleicht gebärdet sich der Typ auch noch als der totale Hengst (also jemand, der sowieso nie für mich infrage käme). Dann würde ich ihn auch sowas von eiskalt ablitzen lassen…

    Auch hier sind es wieder die Typen, die nicht so aussehen als würden sie jeder Frau hinterherpfeifen, die nicht bei 3 auf dem Baum ist, bei denen ich zurücklächel. Die, bei denen man das Gefühl hat, sie schauen einen an, weil man eben man selbst ist und nicht irgendein weibliches Wesen mit zwei Brüsten.

    Auf der anderen Seite kann man den Männern da auch keinen Vorwurf machen (den Frauen auch nicht). Denn es besteht in der Heterowelt eine Fehlgewichtung zwischen Männern, die haben und Frauen, die geben wollen. Je weniger die Frauen geben wollen, desto dringlicher und unerträglicher wird das Verlangen der Männer. Desto weniger wollen sich die Frauen aber auch dem hingeben. Das ist ein Teufelskreis und ich dachte, ich durchbreche den vielleicht, wenn ich anfange, offensiver zu flirten? Es hilft nichts, wenn Männer anfangen, offensiver zu flirten – das tun die nämlich sowieso schon und das ist wie Balzen bei den Tieren. Männer müßten mal anfangen zu zeigen, dass sie unabhängig von weiblicher Gunst sind und eine Frau, die ihnen gengenüber steht, wie einen Menschen behandeln und eben nicht wie eine potentielle Bettgefährtin. Es ist einfach unangenehm, wenn man als Frau gegenüber einem Mann das Gefühl bekommt, dass für den einfach jede Frau eine potentielle Bettgefährtin ist, einfach, weil sie eine Frau ist und nicht etwa, weil sie besondere menschliche Vorzüge hat, die sie dem Gegenüber attraktiv machen. Das nervt – da kann ich auch meine Geschlechtsgenossinnen verstehen.

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