Streitfrage Prostitution

Es ist eine ewige Streitfrage unter den Damen die im Bereich der erotischen Lusterfüllung arbeiten. Die eine will nicht Prostituierte genannt werden, die andere sagt, es sei doch nichts dabei und schließlich sei es ja wohl so, dass man Sex gegen Geld anböte. Ich bin da geteilter Meinung, denn ich kann beide Seiten sehr gut verstehen.

Natürlich sind wir alle aufgeschlossen und seit sogar das Jobcenter ins Bordell vermittelt, sollte einer gesellschaftlichen Akzeptanz der Prostitution eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Die Hure trägt ihren Namen mit Stolz, weil dasselbe Wort zwei, drei Lautverschiebungen zuvor einmal cora (lat. „Liebe“) lautete. Auch wenn wir sicherlich keine Liebe verkaufen (dieser Illusion wird sich hoffentlich kein erwachsener Mensch hingeben), bieten wir doch etwas an, das von Wert ist und also gegen Geld zuverkaufen ist; schließlich leben wir in einer Martwirtschaft!

Der Conditor kreiert Torten, die Schreibkaft schreibt Briefe – beide werden für ihre Arbeit bezahlt, auch wenn es Menschen gibt, die gerne mal privat Torten backen oder Briefe schreiben und so unentgeltlich ihre Mitmenschen damit erfreuen. Wir Prostituierten, wir Huren, wir Pornodarstellerinnen, wir Stripperinnen, wir Trantramasseurinnen, wir Dominas, wir Sklavinnen und wie wir uns sonst noch nennen, wir wenden Zeit für unsere Klienten auf, machen uns hübsch für sie, gehen auf sie ein, verführen, wir befriedigen ihre ganz unterschiedlichen körperlichen Bedürfnisse auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Und was ist daran unanständig?

Was viele Menschen, die unser Geschäft für schmuddelig halten, nicht wissen, ist, dass auch viele von uns so ihre körperlichen Bedürfnisse befriedigen. Viele haben Spaß an der Arbeit, viele tun diesen Job völlig freiwillig und selbstbestimmt und wenn er nicht seine guten Seiten hätte, würden wir es nicht tun. Dass es negative Aspekte gibt, bestreitet niemand, das geht dem Conditor und der Schreibkraft aber nicht anders, trotzdem beschimpfen wir uns nicht als Conditor oder Schreibkraft. Nutte und Hure sind aber Beleidigungen.

Und hier kommen wir an den kritischen Punkt. Auch dem Wort Prostitution haftet durch die gesellschaftliche Inakzeptanz der Sache etwas Negatives an und dieses Negative geht über den Erotiksektor hinaus. Denn Prostitution betrifft jeden, der einmal gelernt hat, dass man in einer Martkwirtschaft ohne Geld nicht überleben kann. Das Negative, das dem Begriff Prostitution anhaftet, ist, dass man sich verkauft, dass man für Geld seine Prinzipien aufgibt, die eigenen Bedürfnisse hinten anstellt. Natürlich tun wir das alle von Zeit zu Zeit, aber Prostituierte tun es nicht signifikant öfter, als alle anderen Menschen und deshalb ist es unfair, sie so zu nennen.

Dies ist der Grund, warum ich ein Problem mit dem Begriff Prostitution habe, er trifft auf mich nicht in dem Maße zu, wie er es vorgibt. Ich achte sehr darauf, eine Balance zu finden zwischen den Bedürfnissen meines Klienten und meinen eigenen. Ich möchte Spaß haben können, weil ich das dann auch besser austrahlen und den Klienten besser in seinen Bedürfnissen befriedigen kann. Und das wir Menschen ab und an Befriedigung brauchen, um wieder entspannt mit uns selbst und unseren Mitmenschen umgehen zu können, das steht inzwischen doch wohl außer frage – dass uns Geld manchmal ein Auge oder zwei zudrücken läßt, wo wir privat vielleicht keines zugedrückt hätten, sicherlich auch.

Ich für meinen Teil betrachte mich selbst nicht in erster Linie als Prostituierte (mal ganz davon abgesehen, dass es nicht mein Hauptberuf ist), sondern als Escortdame. Meine Aufgabe ist es, Menschen freundschaftlich zu begleiten, intellektuell und erotisch. Das ist es, was mir Spaß macht – auch privat. Was ich mir bezahlen lasse, ist, es auf Zeit zu tun, ohne emotionale Ansprüche zu stellen, wenn die vereinbarte Zeit abgelaufen ist.


 
 
 

4 Kommentare zu “Streitfrage Prostitution”

  1. Robert
    18. Oktober 2010 um 02:20

    “ (dieser Illusion wird sich hoffentlich kein erwachsener Mensch hingeben)“

    … ich hab´gehört das genau das einige Prostituierte aber erreichen sollen, dass sich der Freier verknallt und immer wieder kommt. Also in manchen Puffs jedenfalls *Schulternzuck*, Sorry für´s zuspammen deiner ganzen Beiträge! ^^

  2. carmen
    18. Oktober 2010 um 09:50

    Okay, vielleicht hätte ich „vernünftiger Mensch“ schreiben sollen.

  3. Girl22
    26. Dezember 2010 um 22:46

    Ich bin eigentlich aus Zufall auf deinen Blog gekommen und hab mich hier mal ein bisschen umgesehen, mir ist aber aufgefallen, auch insbesondere in diesem Bericht, dass du ständig von „vielen“ schreibst (z.B. dass auch viele von uns so ihre körperlichen Bedürfnisse befriedigen. Viele haben Spaß an der Arbeit, viele tun diesen Job völlig freiwillig…etc), wenn wir uns mal die Statistiken anschauen, dann müssten wir eigentlich von der Minderheit reden und somit wäre „viele“ das falsche Wort.

    In Hamburg wurden bei 98 % der untersuchten Prostituierten mind. ein traumatisches Ereignis in der Vergangenheit festgestellt. Hierbei fanden sich bei 83 % bereits ein Trauma in der Kindheit (familiäre Gewalt 70 %, körperliche Misshandlung 65 %, sexueller Missbrauch 48 %). Während der Prostitution erfahrene Traumata fanden sich bei 83 % (körperlicher Angriff 61 %, Vergewaltigung 61 %, Bedrohung mit einer Waffe 52 %). Hierbei erreichten 53 % einen Krankheitswert im Sinne einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Missbrauch und Abhängigkeit von illegalen Drogen bei 74 %. In internationalen Vergleichsstudien finden sich ähnlich Befunde.
    Quelle: „Die Prävalenz traumatischer Erfahrungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Dissoziation bei Prostituierten. Eine explorative Studie.“ Hamburg, Verlag Dr. Kovač

    Ich hab die Erfahrung gemacht, dass es mittlerweile Gesellschaftsfähig ist zu Prostituierten zu gehen (auch wenn die Prostituierten von den gleichen Leuten, die kein Problem damit haben, nicht respektiert werden), ich persönlich bin allerdings gegen Prostitution, weil ich eben der Meinung bin dass die wenigsten ihren Job wirklich so toll finden, das heißt natürlich nicht dass ich keinen Respekt habe, ganz im Gegenteil.

  4. carmen
    3. Januar 2011 um 13:23

    Du bist gegen Prostitution, weil nicht alle AnbieterInnen diesen Job gerne machen? Bist du auch gegen TellerwäscherInnen, KassiereInnen und SekretärInnen – die machen auch nicht alle gerne ihren Job. Ich würde sogar behaupten, ziemlich viele Menschen machen ihren Job nicht gern. Aber genauso, wie es Menschen gibt, die hinter dem Kassentresen aufgehen, gibt es Prostituierte, die diesen Job gern machen. Die Mehrheit der Kolleginnen, die ich persönlich kenne, macht ihren Job gern. Deshalb spreche ich von vielen.

    Diese „vielen“, die ich kenne, mögen statistisch betrachtet noch immer eine Minderheit sein, aber sie sind zumindest keine wegzudiskutierende Minderheit. Meine Mutter pflegte immer zu sagen: „Im Durchschnitt war der See 2 Meter tief und trotzdem ist die Giraffe ertrunken.“ Die Statistik besagt nicht, dass wir Prostituierten alle als Kinder vergewaltigt wurden, Drogensüchtig sind, ständig verprügelt werden und alle psychisch gestört sind. Und es ist deshalb diskriminierend, jeden Versuch einer Gegendarstellung mit Statistiken zu erschlagen und wegdiskutieren zu wollen. Nein, man darf auch gerne mal unsere Erfahrungen anhören und sehen, dass Prostitution ohne Zwang und Kriminalität möglich ist. Und vielleicht schaut man dann ja auch mal, warum das in unserem Falle möglich ist und sieht, dass Prostitution und Kriminalität nicht in einem kausalen Zusammenhang stehen.

    Für dieses Gegenbeispiel steht dieses Blog. Denn es ist wichtig, das zu sagen. Ansonsten geht es nämlich in Vorurteilen und Statistiken unter.

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