Schärfere Regulierung der Prostitution
Das fordern die Innenminister der Länder, und zwar, haltet euch fest!, weil es angeblich keine belastbaren Hinweise dafür gibt, dass das Gesetz von 2002 einen „kriminalitätsmindernden Effekt“ gehabt habe (Quelle: SpOn). Diese Behauptung ist so absurd und hanebüchen, dass einem kaum noch was dazu einfällt. Immerhin gibt es überhaupt erst seit der Legalisierung von Prostitution die Möglichkeit, dem Sexgewerbe auf nicht-kriminelle Weise nachzugehen. Erst durch die Legalisierung gibt es Schutzräume, in denen sich seriöse Strukturen entwickeln können, in denen SexarbeiterInnen ihre Rechte wahrnehmen und sich gegen Ausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierung, Repression und dergleichen menschenverachtendes Verhalten mehr wehren können. Auch Gesundheits-Vor- und Nachsorge gestalten sich weitaus einfacher, wenn man legal einen seriösen Arzt aufsuchen kann und nicht Angst davor haben muß, von dem gleich an die Staatsanwaltschaft weitergereicht zu werden.
Nicht die Prostitution als solche ist Schuld an kriminellen Strukturen, denn dafür, dass man diesem Job ganz seriös und menschenwürdig nachgehen kann, kenne ich inzwischen genügend Beispiele. Ein schrittweises Verbot der Prostitution brächte keine Verbesserung, sondern würde uns im Gegenteil unserer Möglichkeiten berauben, uns gegen kriminelle Strukturen zur Wehr zu setzen. Es mangelt an Aufklärungsprogrammen, die uns über unsere Rechte zur Gegenwehr informieren. Es gibt zu viele Grauzonen, zu viel Raum für Unsicherheit und Unwissenheit, z.T. kollidieren Gesetze, so dass es keinerlei Möglichkeit gibt, eine Geschäftsidee auf legale Weise zu verfolgen, selbst wenn sie nicht menschenverachtend ist. Für AusländerInnen, die sich u.U. illegal in unserem Land aufhalten, ist es um ein Vielfaches schwerer. Diese Illegalität verhindert, dass die Betreffenden ein freies, unabhängiges und selbstbestimmtes Leben führen können, weil sie sich als Illegale verstecken und über die Ungerechtigkeiten, die ihnen widerfahren, schweigen müssen. Das sind die eigentlichen Probleme, mit denen wir als Prostituierte zu kämpfen haben.
Könnten wir frei und ungezwungen mit unserer Berufswahl umgehen und müßten wir uns nicht vor gesellschaftlicher Doppelmoral, Repression sowie staatlicher Gewalt und Rechtsprechung fürchten, gäbe es viel weniger Möglichkeiten, uns zu unterdrücken, zu erpressen oder auszubeuten – und zwar weil wir aufstehen und für unser Recht auf ein menschenwürdiges Leben kämpfen könnten. Würden wir dieser Rechte wieder beraubt, wären wir trotz Seriosität Kriminelle, die sich im Untergrund verstecken und in einer Parallelwelt leben müßten. Ein Prostitutionsverbot verhindert nicht, dass weiterhin der Prostitution nachgegangen wird, dass weiterhin mit Menschen gehandelt wird, dass Menschen ausgebeutet und schlecht behandelt werden. Ein Prostitutionsverbot verhindert nur, dass Prostitution sich krimineller Strukturen entledigen kann – und zwar weil Prostitution dadurch ausweglos in die Illegalität verbannt wird. Das darf nicht sein!
11. März 2011 um 04:54
Tja, den Herren Innenministern geht es halt nicht um Kriminalität, sondern um Kriminalisierung.
Es soll ja auch Wahlberechtigte unter Bloglesern geben. (Irgendwann werden die es kapieren.)